Wissenschaftliche Berichte - FZKA 6028

Entwicklung und Charakterisierung eines faseroptischen Meßsystems zur Erkennung und Ortung von Leckagen in chemikalienhaltigen Anlagen

Zusammenfassung

Die Überwachung technischer Anlagen stellt eine wichtige Überwachungsaufgabe dar, um die Emission von Schadstoffen in die Umwelt zu vermindern. Beispiele hierfür sind Leckagen in Tanks und Pipelines oder der Schadstoffaustritt aus Produktionsanlagen der chemischen Industrie und aus Deponien. Aufgrund der räumlichen Ausdehnung dieser Anlagen ist eine örtlich verteilte Meßtechnik notwendig. In dieser Arbeit wird ein Sensorsystem vorgestellt, welches sich für die örtlich aufgelöste Messung von Chemikalien eignet. Verschiedene Parameter, die einen Einfluß auf das Meßsignal haben, wurden charakterisiert.

Um eine örtlich verteilte Detektion von Chemikalien zu erhalten, wurden zeitaufgelöste Rückstreumessungen (Optical Time Domain Reflectometry, OTDR) in polymerummantelten Fasern angewendet. OTDR ist eine bekannte Technik für die Charakterisierung von faseroptischen Kommunikationssystemen oder für die verteilte Messung physikalischer Parameter. Es ist möglich, mit einem OTDR-System von jedem Punkt entlang der Faser Informationen zu erhalten. Kurze Laserlichtpulse werden in eine Faser eingekoppelt. Beim Transport der Lichtpulse durch die Faser wird ein kleiner Teil der Lichtintensität gestreut und zum Faseranfang zurück geleitet. Die dort ankommenden Signale werden auf einen schnellen Photodetektor fokussiert. Der gesamte Vorgang wird von einem digitalen Speicheroszilloskop zeitlich registriert. Da die lichtführenden Eigenschaften einer Faser beeinflußt werden, wenn sich Chemikalien im Fasermantel anreichern, ändert sich die Form des Rückstreusignals beim Kontakt der Faser mit einer chemischen Substanz. Die Zeitdifferenz zwischen dem Anregungspuls und der Veränderung im Rückstreusignal erlaubt mit Hilfe der Lichtgeschwindigkeit in der Faser die Berechnung der Anreicherungsstelle. Für die Messungen wurden als Lichtquelle zwei Laserdioden eingesetzt, die bei Wellenlängen von 683 und 850 nm arbeiten. Die Pulsintensität beträgt 130 mW bzw. 5 W und die Pulsbreite liegt bei 6 ns bzw. 20 ns.

Die Veränderungen im Rückstreusignal werden entweder durch Brechungsindexänderungen oder durch Absorptions- und Fluoreszenzeffekte hervorgerufen, welche durch die im Fasermantel angereicherte Verbindung verursacht werden. Die verschiedenen Effekte, die an chlorierten Kohlenwasserstoffen, Methylenblau und Rhodamin800 als Modellsubstanzen überprüft wurden, führen zu verschiedenen Signalformen im OTDR-Rückstreusignal, so daß sie voneinander und von mechanischen Defekten in der Faser unterschieden werden können. Da die Signalintensitäten mit der Analytkonzentration korrelierbar sind, ist es möglich, auch quantitative Bestimmungen durchzuführen. Die höchste Empfindlichkeit wurde dabei für die Fluoreszenzmessungen erhalten, wo Rhodamin800-Konzentrationen von bis zu 5,0.10-9 mol/l gemessen wurden. Die Signalintensitäten beim Absorptionseffekt hängen vom molaren Extinktionskoeffizienten der Analytsubstanz bei der jeweiligen Wellenlänge ab. Die durch Brechungsindexänderungen im Fasermantel hervorgerufenen Signale werden vom Brechungsindex des Analyten beeinflußt. Darüberhinaus nimmt die Breite der Signale linear mit der Faserlänge zu, welche mit der Chemikalie kontaktiert ist. Dadurch wird auch die Bestimmung der Ausdehnung einer Anreicherungsstelle möglich. Ein weiterer Parameter, der das Antwortsignal von OTDR-Messungen beeinflußt, ist der Biegeradius der Sensorfaser. Es zeigte sich, daß zunehmende Biegeradien zu abnehmenden Signalintensitäten führen. Bei Biegeradien > 6 cm konnte kein Einfluß auf das Signal mehr festgestellt werden. Auch die Temperatur des umgebenden Mediums führt zu Veränderungen im "chemischen" Antwortsignal. Je niedriger die Temperatur, desto höher ist die Signalintensität (1,6 % pro °C). Ein weiteres experimentelles Ergebnis ist, daß bei Fasern mit einem Kerndurchmesser von 200 µm maximale Signalintensitäten erreicht werden. Am Beispiel von Messungen an realen Rohölproben konnte gezeigt werden, daß sich das entwickelte Sensorsystem prinzipiell zur örtlich aufgelösten Detektion von Chemikalien in praxisrelevanten Anwendungen eignet.

Development and characterization of a fiber-optic sensor system for the detection and location of leakages in tanks and pipelines

Summary

To minimize the emission of hazardous chemicals in the environment fast detection and location of leakages in technical installations are of great importance. Examples for this are leakages in pipelines and tanks, the emission of substances from production plants of the chemical industry or from chemical landfills. Because of the spatial extension of these installations a distributed measuring technique is necessary. In this work an instrumental set-up is presented which is suitable for the distributed measurement of chemicals. The different parameters influencing the sensor system response were characterized.

To achieve a distributed measurement of chemicals the principle of Optical Time Domain Reflectometry (OTDR) is used. OTDR is a well-known technique for characterization of fiber-optic communication systems or for the distributed sensing of physical parameters using optical fibers. It allows to get information from every point along the fiber. Short light pulses are coupled into a polymer clad silica fiber. While the light is guided through the fiber a part of it is scattered and transported back to the front end of the fiber. The light signals are focussed on a fast photo detector. The whole process is registered in the time domain by a digitizing oscilloscope. Since the light guiding properties of the fiber are affected through the evanescent field by chemical substances enriched in the silicone cladding of the fiber the shape of the backscatter signal is changed at the corresponding position where the fiber is in contact with a chemical. By knowing the time delay between excitation pulse and change in the backscatter signal and the light velocity in the fiber the position of the chemical along the fiber can be determined. For the measurements two different laser diodes were used operating at 683 nm and 850 nm with a peak power of 130 mW and 5 W and pulse widths of 6 ns and 20 ns, respectively.

The change in the backscatter signal is caused either by refractive index changes or by the absorption and fluorescence properties in the fiber cladding due to the penetrating compound. The different effects lead to distinct patterns in the OTDR-return function so that they can clearly be separated from each other and from signals originating from mechanical defects in the fiber. Besides a complete localization of chemicals along a certain fiber length also the determination of concentration is possible because signal intensities are quantitatively correlated to the concentration of the analyte. The highest sensitivity has been obtained for fluorescence measurements, where a Rhodamine800 concentration of 5.010-9 mol/l could be detected. The sensitivity in absorption-based response signals mainly depends on the molar absorptivity of the analyte at the laser wavelength. The signal intensities caused by the change of the refractive index are influenced by the refractive index of the analyte. In addition, the width of the backscatter signal increases linearly with the length of fiber that contacts the analyte solution, thus allowing an exact determination of the extension of the chemical contamination along the fiber. Another parameter influencing the response signal of the distributed sensor is the bend radius of the fiber. It was found out that increasing bend radii lead to decreasing signal intensities while bend radii > 6 cm do not affect the signal. The temperature of the surrounding medium also influences the "chemical" backscatter signals. The signal intensities increase with decreasing temperature by 1.6 % per °C. A fiber diameter of 200 µm has been found out to be the optimum value because measurements with this fiber lead to a maximal signal intensity. Finally, measurements with crude oil samples were carried through and demonstrated the feasibility of distributed chemical sensing with an OTDR set-up in a real world application.