Wissenschaftliche Berichte – FZKA 6620
Pulverspritzgießen in der Mikrotechnik 

Zusammenfassung

Das Pulverspritzgießen stellt ein Verfahren dar, mit dem Bauteile in mittleren und großen Stückzahlen hergestellt werden können. Die Aufgabe der vorliegenden Arbeit war es zu untersuchen, in wieweit das Pulverspritzgießen für die Herstellung von Mikrokomponenten geeignet ist und die makroskopischen Erfahrungen auf die mikrotechnischen Verhältnisse übertragbar sind. Weiterhin sollte ermittelt werden, welche Detailgröße derzeit zu erreichen ist und welche Eigenschaften die hergestellten Mikrokomponenten aufweisen.

Mit der Arbeit konnte gezeigt werden, dass das Pulverspritzgießen prinzipiell ein geeignetes Verfahren darstellt, um Mikrokomponenten aus Metallen und Keramiken herzustellen. Es konnten zusätzliche, zu den aus dem Makroskopischen bekannten Merkmalen, Kriterien für die Auslegung der Werkzeuge, Formeinsätze und Entbinderung ermittelt werden. Die Eigenschaften der Mikrokomponenten stimmen mit den aus der Literatur bekannten Werten für makroskopische Bauteile überein.

Für die Spritzgießversuche wurden mikromechanisch und im LIGA-Verfahren hergestellte Formeinsätze verwendet. Als metallische Materialien wurden Carbonyleisen und 316 L, als keramische Werkstoffe Aluminiumoxid und Zirkoniumoxid verwendet. Als Bindersystem diente Catamold, das auf Polyacetal basiert und katalytisch entbindert wird. Die kleinsten erfolgreich gesinterten Strukturdetails lagen für Carbonyleisen bei 70 µm und für Aluminiumoxid bei 10 µm.

In den Spritzgießexperimenten zeigte sich, dass die für das makroskopischen Pulverspritzgießen geltenden Konstruktionsmerkmale für die Auslegung von Werkzeugen und Formeinsätzen noch um die Rauheit der Wände des Formeinsatzes, die Schwindung und Festigkeit des Feedstocks erweitert werden müssen. In dieser Arbeit wurde ein Zusammenhang zwischen der Rauheit des Formeinsatzes, der Schwindung und der Entformung erarbeitet. Die Festigkeit der Feedstocks beim Mikro-Pulver-spritzgießen hat einen entscheidenden Einfluss auf das Entformen. Es wurden die experimentell ermittelten Zugfestigkeiten von 8-11 MPa (je nach Pulvergehalt des Feedstock) mit den berechneten Werten aus zwei Modellen (Verbundwerkstoffe und Schäume) verglichen. Des weiteren wurde das Fließverhalten der Feedstocks in einem mikromechanisch hergestellten Formeinsatz mit Hilfe der Simulationssoftware „MOLDFLOW“ errechnet. Die Simulationsergebnisse wurden mit experimentellen Spritzgießversuchen verglichen. Es ergaben sich Abweichungen zwischen dem Einspritzdruck im Experiment und dem Druckbedarf laut Simulation.

Die gemessenen Entbinderungsgeschwindigkeiten für Wanddicken bis 4 mm lagen zwischen 0,9 und 1,3 mm/h für Carbonyleisen und Aluminiumoxid. Anschließend wurden die Mikrokomponenten mit den aus dem Makroskopischen bekannten Parametern gesintert. Als Sinteratmosphäre wurde für Carbonyleisen ein Wasserstoff/Stickstoffgemisch (4 und 94 Gew%) verwendet. Aluminiumoxid wurde unter Luftatmosphäre verdichtet. Für beide Materialien wurde im Mittel 96 % der theoretischen Dichte erzielt. Bei der Schrumpfung ergaben sich Unterschiede zwischen dünnwandiger Mikrostruktur und makroskopischen Bereichen von bis zu 4 %.

Nach dem Sintern wurden die Mikrokomponeten charakterisiert. Untersucht wurde die Festigkeit von Carbonyleisen im Mikrozugversuch (372 MPa) und von Aluminiumoxid im Drei-Punkt-Biegeversuch (430 MPa). Die Messung der Mikrohärte im Querschnitt einer Mikrostruktur ergab keine Schwankungen zwischen Kern und Nähe der Oberfläche; die mittleren Härte-Werte betrugen 155 HV0,05 für Carbonyleisen und 1829 HV2 für Aluminiumoxid. Im Gefüge trat eine Kornvergröberung bei Carbonyleisen von 115 % und bei Aluminiumoxid von nur 4 % gegenüber der mittleren Pulverpartikelgröße ein. Die besten Oberflächen wurden mit dem Zirkoniumoxid-Feedstock und mit Hilfe von LIGA-Formein-sätzen erzielt (arithmetischer Mittenrauwert Ra von 0,02 µm, maximale Rautiefe von Rt 0,2 µm; gemessen an der Stirnfläche).

Powder Injection Molding in Microsystem Technology

Abstract

Powder injection molding represents a process, by means of which components can be manufactured in medium and large series. The work described here was aimed at finding out to what an extent powder injection molding is suited for the manufacture of microcomponents and macroscopic experience can be transferred to micro­technical conditions. Another task was to determine the presently achievable detail dimensions as well as the properties of microcomponents produced.

It was found out that powder injection molding in principle is suited for the production of microcomponents from metals and ceramics. Apart from the features known from the macroscopic scale, additional criteria were established for the design of tools, mold inserts, and for debindering. Microcomponent properties turned out to be in good agreement with the values of macroscopic components, which are known from literature.

Injection molding experiments were performed using mold inserts fabricated micromechanically and by the LIGA technique. Metals applied included carbonyl iron and 316 L. Ceramics used were aluminum oxide and zirconium oxide. Catamold served as binder system. It is based on polyacetal and debindered catalytically. Smallest sintered structural details of 70 µm and 10 µm were reached for carbonyl iron and aluminum oxide, respectively.

The injection molding experiments demonstrated that apart from the features known from the macroscopic scale, wall roughness of the mold insert, shrinkage, and the strength of the feedstock are crucial to the design of tools and mold inserts to be used on the microscopic scale. A relationship between the roughness of the mold insert, shrinkage, and demolding was established. Strength of the feedstock had a decisive influence on demolding in micropowder injection molding. The experimentally determined tensile strengths of 8-11 MPa (depending on the powder content of the feedstock) were compared with the values calculated using two models (composites and foams). Furthermore, flow behavior of the feedstocks in a micromechanically produced mold insert was computed using the "MOLDFLOW" simulation software. The simulation results were compared with the experimental results from the injection molding tests. Experimental injection pressure was found to deviate from the pressure needed according to simulation.

Debindering velocities measured for wall thicknesses of up to 4 mm ranged between 0.9 and 1.3 mm/h for carbonyl iron and aluminum oxide. Subsequently, the microcomponents were subjected to sintering at the parameters known from the macroscopic scale. The sintering atmosphere applied for carbonyl iron was a hydrogen/nitrogen mixture (4 and 94 wt.%). Aluminum oxide was compressed under air. For both materials, mean values of 96% of theoretical density were reached. With respect to shrinkage, differences between the thin-walled microstructure and macroscopic ranges amounted to up to 4%.

After sintering, the microcomponents were characterized. The strength of carbonyl iron was studied in a microtensile test (372 MPa). For aluminum oxide a three-point bending test (430 MPa) was carried out. Measurement of microhardness in the cross section of a microstructure did not reveal any variations between core and surface. Mean hardness amounted to 155 HV0.05 for carbonyl iron and 1829 HV2 for aluminum oxide. In the structure, grain coarsening was observed. Compared to the mean powder particle size, it reached 115 % for carbonyl iron and 4 % only for aluminum oxide. The best surfaces were obtained using the zirconium oxide feedstock and LIGA mold inserts (arithmetically mean roughness Ra 0.02 µm, maximum roughness Rt 0.2 µm, as measured at the face).