Forschungszentrum Karlsruhe - Wissenschaftliche Berichte - FZKA 6710

Durchflusssensoren aus Kunststoff für sehr kleine Volumenströme auf der Basis des AMANDA-Verfahrens

Dirk Dittmann, Zeno Rummler, Klaus Schlote-Holubek, Werner K. Schomburg 


Zusammenfassung
Im Rahmen dieser Arbeit wurde ein mikromechanischer Durchflusssensor für Flüssigkeiten und Gase auf Polymerbasis entwickelt, hergestellt und charakterisiert. 

Zu diesem Zweck wurden verschiedene Durchflussmessverfahren sowohl auf eine mögliche mikrotechnische Herstellung mit dem AMANDA-Verfahren untersucht als auch im Hinblick auf industriell geforderte Spezifikationen bewertet. In der Konzeptionsphase wurden dabei einige interessante Realisierungsmöglichkeiten erarbeitet, die ausführlich in dieser Arbeit beschrieben sind. Das thermisch anemometrische Funktionsprinzip, das die durchflussabhängige Leistungsabgabe eines elektrisch erwärmten Körpers an das ihn umströmende Fluid als Messsignal ausnutzt, wurde für die Realisierung des Sensors verwendet. 

Für die Herstellung dieses Sensors musste ein wegen des Aufbaus mit verschiedenen Polymeren notwendiges temperaturunabhängiges Design des Funktionselements entwickelt werden. Aus diesem Grund wurde ein einseitig am Gehäuse befestigter und über einem Fluidkanal liegender Trägerkörper in Form einer Zunge entworfen, auf dem über dem frei beweglichen Teil eine mäanderförmige Leiterbahn appliziert wurde. Als Leiterbahnschutz wurde eine der Trägerkörpergeometrie und -dicke identische Schicht verwendet. Aufgrund dieser gestalterischen Maßnahmen wurde ein temperaturkompensiertes Funktionselement realisiert, das eine zusätzliche unerwünschte, das Messsignal verfälschende, thermische Dehnung der Leiterbahn verhindert. 

Es wurden jeweils 50 Durchflusssensoren parallel produziert. Dabei wurden Gehäuseteile aus Polysulfon mit integrierten Fluidkanälen mit Hilfe der Heißprägetechnik gefertigt. Die Herstellung der Funktionselemente erfolgte durch eine photolithographische Strukturierung von Membranen sowie einen Aufdampfprozess. Der Trägerkörper und die Schutzschicht bestehen dabei aus jeweils 1,2µm dünnem Polyimid. Die Breite des Trägerkörpers wurde auf die jeweilige Fluidkanalbreite angepasst. Die zwischen den beiden Membranlagen befindliche Leiterbahn besteht aus Platin mit einer Breite von 2µm sowie einer Höhe von 100nm. Nach der Verbindung der im Nutzen hergestellten Sensorkomponenten sowie der anschließenden Sensorvereinzelung besitzt der Durchflusssensor die äußeren Abmaße von 5,5 x 4,5 x 1,2mm2. 

Zur Charakterisierung des Sensors wurden fluidische Tests mit Wasser und Stickstoff durchgeführt. Dabei wurde für Wasser ein minimaler Volumenstrom von 0,1µl/min bei einer Temperaturerhöhung des Fluids von 6 Grad Celsius detektiert. Die Ansprechzeit des Sensors wurde mit 2,5ms gemessen. Aufgrund der kurzen Ansprechzeiten konnte eine im Pulsmodus arbeitende Sensorelektronik, die die Strömungsgeschwindigkeit sowie die das Messsignal beeinflussende Fluidtemperatur mit der selben Leiterbahn misst, eingesetzt werden. Die durch die messtechnische Bestimmung der Fluidtemperatur sowie das neu entwickelte Sensordesign erlangte Temperaturunabhängigkeit des Messsignals wurde durch Messungen nachgewiesen. Zur Ermittlung der Temperaturverteilung im Sensorelement wurden FEM-Rechnungen durchgeführt, deren Ergebnisse mit Hilfe von Infrarot-Wärmebilder bestätigt wurden. Damit steht eine rechnergestützte Methode zur Sensoroptimierung zur Verfügung. 

Nachdem die Tragfähigkeit des Konzepts erfolgreich nachgewiesen wurde, wurde ein Vergleich mit anderen mikromechanisch hergestellten Durchflusssensoren durchgeführt. Aufgrund der unter anderem kleinen messbaren Volumenströme, bei gleichzeitig geringer Temperaturerhöhung des zu messenden Fluids, kann der in dieser Arbeit entwickelte Durchflusssensor z. B. in der Medikamentendosierung oder der Bioanalytik eingesetzt werden. 

A micromechanical flow sensor for liquids and gases from polymer has been developed, manufactured, and characterized. 

Abstract
For this purpose, various methods of flow measurement were examined with a view to both the possibility of micro-manufacture by the AMANDA process and to the specifications required by industry. A few interesting implementation possibilities were elaborated in the conceptual design phase which are described in detail in this paper. The principle of thermo-anemometry, which uses as a measurement signal the power output as a function of flow, of a body electrically heated to the surrounding fluid, was used for the practical design of the sensor. 

Due to the use of different polymers in manufacturing the sensor, a temperature-independent design of the functional element had to be developed. For this reason, a support structure shaped like a reed was developed, which is attached to one side of the housing above the fluid channel. A meandering conductor strip was applied to this reed above the freely movable section. To protect the conductor strip, a layer identical to the geometry of the support structure and its thickness was used. As a result of these design measures, a temperature-compensated functional element was constructed which prevents unwanted additional thermal expansion of the conductor strip, which would falsify the measured signal. 

Fifty flow sensors were produced in parallel. The housings were made by hot embossing of polysulfone with integrated fluid channels. The functional elements were produced by photo-lithographic patterning of membranes and by a vapor coating process. The support structure and the protective coating both consist of 1.2 mm thick polyimide. The width of the support structure was adapted to the respective width of the fluid channel. The conductor strip located between the two membranes is made of 2 µm wide and 100 nm high platinum. After connecting the sensor components, which are produced in batches, and subsequent singulization of the sensors, the flow sensor outer dimensions are 5.5 x 4.5 x 1.2 mm3. 

Fluidic tests were carried out with water and nitrogen to characterize the sensor. For water, a minimum volumetric flow rate of 0.1 µl/min was detected for a fluid temperature increase of 6°C. The response time of the sensor was measured to be 2.5 ms. Due to the short response times, a sensor electronic system operating in pulse mode was used, which measures the flow velocity and the fluid temperature influencing the measured signal on the same conductor strip. The independence of temperature of the measured signal achieved by the measurement of the fluid temperature and by the newly developed sensor design was confirmed in measurements. To determine the temperature distribution in the sensor element, FEM calculations were carried out, whose results were confirmed by means of infrared thermal imaging. In this way, a computer-supported method of sensor optimization has been developed. 

After the successful demonstration of the feasibility of the concept, a comparison was made with other flow sensors produced by micromechanical techniques. Because of the low measurable volumetric flow rates accompanied by minor temperature increases in the fluid to be measured, the flow sensor developed in this activity can be used, e.g., in drug dosage or in bioanalytics. 

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