Forschungszentrum Karlsruhe - Wissenschaftliche Berichte - FZKA 6758
Untersuchungen zur Resistenzentwicklung von Tumorzelllinien gegenüber Apoptose-Induktoren
Jörg Trapp
Zusammenfassung
Die Entstehung von Resistenzen gegenüber
Apoptose-Induktoren ist häufig auf eine Veränderung apoptotischer
Siganaltransduktionwege bzw. auf die Aktivierung von Überlebensmechanismen
zurückzuführen. Die vorliegende Arbeit hat daher die Untersuchung eben dieser
Signalwege in teilweise resistenten Tumorzellen zum Inhalt. Es wurde
beobachtet, dass differenzierte HL-60 Zellen wesentlich insensitiver auf
toxische Substanzen reagieren als undifferenzierte. Die Analyse der
MAP-Kinase-Kaskaden nach einer Behandlung mit dem Apoptose-Induktor
Tributylzinn (TBT), ergab ein deutliches Absinken der Phosphorylierung
(Aktivierung) der Stresskinase JNK während der Differenzierung der HL-60
Zellen, aber alle anderen Kinasen (ERK 1/2; p38) zeigten keine Veränderung.
Auch die Auslösung der Apoptose sank erheblich ab, was mit einer deutlichen
Verringerung der Caspase-Aktivität und einem Anstieg des Überlebensfaktors NF_B
erklärbar ist. Eine Hemmung von NF_B in differenzierten HL-60 Zellen führte
nach TBT-Behandlung zu einem deutlichen Anstieg der Nekrosen, während die
undifferenzierten HL-60 Zellen nahezu ausschliesslich durch Apoptose starben.
Darüber hinaus dienten drei Melanoma Xenograft
Zelllinien (MEXF) als Modellsystem der Tumorresistenz, denn diese Zellen
zeigten in Primärtumorgewebe in vivo eine unterschiedliche Sensitivität
gegenüber dem Zytostatikum Cisplatin (CDDP). Die Zelllinie MEXF 276L reagierte
sensitiv gegenüber Cisplatin, wohingegen die Zelllinien MEXF 462NL und MEXF
514L resistent waren. Die in vitro Behandlung ergab dann jedoch, dass sich nur
die Zelllinie MEXF 514L wirklich resistent gegenüber Cisplatin verhält. Zur
Untersuchung der apoptotischen Signaltransduktionswege wurde der
Apoptose-Induktor TBT, aber auch Cisplatin und die Todesrezeptorliganden
eingesetzt. Um auf mögliche Aktivierungen von Überlebensmechanismen
rückschliessen zu können, wurden Untersuchungen der MAPKinase- Kaskaden mit
eingeschlossen. Hier konnten allerdings im Phosphorylierungsstatus von ERK, JNK
und p38 keine Veränderungen zwischen den MEXF Zelllinien festgestellt werden.
Auf eine TBT-Behandlung sprachen nur MEXF 276L Zellen an. Bei den anderen
beiden Zelllinien konnte keine Reaktion auf TBT-Exposition beobachtet werden.
In keiner der Zelllinien konnte eine Aktivität der Initiator-Caspase-8 oder -10
festgestellt werden, wohingegen die TBT-sensitive Zelllinie einen deutlichen
Anstieg der Aktivität der Effektor- Caspase-3 erkennen liess. In den beiden
TBT-resistenten Zelllinien wurde dagegen das antiapoptotische Protein Bcl-2
überexprimiert und ist somit die höchstwahrscheinliche Ursache der Resistenz.
Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass durch TBT in MEXF Zellen die
Mitochondrien als wichtiges Target betroffen sind.
Die Untersuchungen mit Cisplatin als
Apoptose-Induktor ergaben, dass in den sensitiven Zelllinien Caspasen eine
essentielle Rolle spielen. Daher ist die Cisplatin-Resistenz der Zelllinie MEXF
514L, wie auch schon bei TBT, vermutlich auf eine starke Überexpression von
Bcl-2 zurückzuführen.
Da Todesrezeptoren bei der Induktion von Apoptose
eine wichtiges Übertragungsmedium sind, wurden die Zellen auf ihre
Rezeptorausstattung hin überprüft. CD 95 (Fas-Rezeptor) konnte nur in MEXF 276L
Zellen detektiert werden. Nur in diesen Zellen war auch die Induktion der
Apoptose mit FasL möglich. TNF-R1 ist nur in MEXF 276L und MEXF 462NL Zellen
vorhanden, während TNF-R2 in allen MEXF Zelllinien nachgewiesen werden konnte.
Die spezifische Aktivierung der TNF-Rezeptoren resultierte bei allen drei MEXF
Zelllinien, in einer NF_B-Antwort und nicht in der Apoptose.
Die TRAIL-Rezeptoren, TRAIL-R1 und -R2, sowie die
Decoy-Rezeptoren TRAIL-R3 und -R4 konnten in allen Zellen nachgewiesen werden.
In MEXF 276L Zellen wurde vermutlich durch Decoy-Rezeptoren eine
TRAIL-induzierte Apoptose verhindert, da hier diese Variante der
TRAIL-Rezeptoren überwog. Andererseits konnten die beiden Zelllinien MEXF 462NL
sowie die hochresistente Zelllinie MEXF 514L mit den TRAIL-Liganden zur
Apoptose angeregt werden, was das enorme Potential dieses Rezeptorweges gerade
in Tumorzellen unterstreicht. Dies kann als Hinweis für einen Einsatz in der
Tumortherapie gewertet werden und zeigt die Dringlichkeit auf, Tumorzellen
bezüglich ihrer apoptotischen Signalwege zu charakterisieren, um so effektive
Wirkorte für neue Zytostatika erkennen zu können.
Investigations
on the development of resistance against inducers of apoptosis in tumor cell
lines
Abstract
The
development of resistance to apoptotic-inductors can frequently result from a
change of apoptotic signal transduction pathways or alternatively via the
activation of survivalmechanisms. Therefore, this work dealt with the
examination of these signaling pathways in partially resistant tumor cells. It
has been observed that differentiated HL-60 cells respond significantly more
insensitive to toxic substances then undifferentiated. Analysis of MAPkinase-
cascades after treatment with the apoptosis-inductor Tributyltin (TBT) resulted
in a less phosphorylation (activation) status of stresskinase JNK after differentiation
HL-60 cells, but the other kinases (ERK 1/2 and p38) did not reveal any
changes. The induction of apoptosis also considerably decreased which can be
explained by a clear reduction of caspaseactivity and a rise in activation of
the survival factor NF_B. Inhibition of NF_B in differentiated HL-60 cells led
to a distinct rise of necrosis after TBT treatment whilst undifferentiated
HL-60 cells nearly exclusively died via apoptosis.
Additionally,
three melanoma xenograft cell lines (MEXF) were used as a model system for
tumor resistance because these cells revealed in prime tumor tissue in vivo a
varying sensitivity to the cytostatic drug Cisplatin (CDDP). The cell line MEXF
276L was sensitive to Cisplatin treatment whereas the cell lines MEXF 462NL and
MEXF 514L were resistant. However, after in vitro treatment only the MEXF 514L
cell line was really resistant to Cisplatin. For the examination of apoptotic
signal transduction pathways TBT, Cisplatin and the death receptor ligands were
tested. To consider possible activation of survival mechanisms
MAP-kinase-cascades were also investigated. Nevertheless, no differences in the
phosphorylation status of ERK, JNK and p38 between the MEXF cell lines could be
detected. Only the MEXF 276L cells were affected by TBT-treatment. The other
two cell lines exhibited no reaction to TBT exposition. Activity of the
initiator caspases-8 or -10 could not be detected in any cell line whereas the
TBT sensitive cells showed a distinct effector caspase-3 activity. The anti-apoptotic
protein Bcl-2 was demonstrated to be overexpressed in the two TBT resistant
cell lines and is, therefore, the most likely reason for resistance. These
results suggest that mitochondria are an important target for TBT in MEXF
cells.
Experiments
with Cisplatin demonstrated that caspases play an essential role within the
sensitive cell lines. Thus Cisplatin as well as TBT resistance in the MEXF 514L
cell line is likely due to a strong overexpression of Bcl-2.
Death
receptors are the most important elements within the extrinsic induced
apoptosis, therefore, cells were investigated for their death receptor
expression. CD95 (Fas receptor) could be only detected in MEXF 276L cells, and
these cells were solely inducted to apoptosis by FasL. TNF-R1 was only expressed
in MEXF 276L and MEXF 462NL cells whereas TNF-R2 could be observed in all three
MEXF cell lines. Specific activation of TNF receptors leads to NF_B activation
and not to apoptosis in all three MEXF cell lines.
The TRAIL
receptors TRAIL-R1 and -R2 as well as the decoy receptors TRAIL-R3 and -R4
could be found in all cells. In MEXF 276L cells TRAIL induced apoptosis was
presumably prevented by decoy receptors because this kind of TRAIL receptors
predominated. On the other hand the two cell lines MEXF 462NL as well as the
high-resistant cell line MEXF 514L could be stimulated to apoptosis by TRAIL
ligand which emphasizes the enormous potential of this receptor pathway
especially in tumor cells. This can be assessed as a reference for use in tumor
therapy and shows the urgency to characterize tumor cells with regard to their
apoptotic pathways to identify effective targets for cytostatic drugs.