Forschungszentrum Karlsruhe - Wissenschaftliche Berichte - FZKA 6768

Mikrowellenprozesstechnik für keramische Werkstoffe der Mikrosystemtechnik

Sora Rhee

Zusammenfassung
Der zunehmende Einsatz von keramischen Werkstoffen in Mikrosystemen wird begleitet von immer weitreichenderen Entwicklungen von neuen Werkstoffen sowie Studien zur Herstellung und Optimierung der Werkstoffe mit geeigneten Eigenschaften, wie verbesserte Haltbarkeit, Festigkeit und Formtreue. Die zunehmende Miniaturisierung von keramischen Mikrobauteilen erfordert neben der kontrollierten Einstellung der Mikrostruktur und den zunehmenden Ansprüchen des Designs neuartige angepaßte Herstellungsrouten.

In der vorliegenden Arbeit wurde die Anwendbarkeit der Mikrowellenprozeßtechnik zum Sintern von keramischen Werkstoffen und keramischen Komponenten untersucht. Der Mechanismus bei der Anwendung von Mikrowellen zum Heizen von keramischen Dielektrika unterscheidet sich erheblich von dem konventionellen Heizen über infrarote Strahlung. Wärme entsteht im ersten Fall aufgrund der Wechselwirkung von Mikrowellen und Materie im Volumen des zu heizenden Körpers. Da sie nicht wie beim konventionellen Heizen über Konvektion und Strahlung in den Probenkörper eingebracht wird, ergeben sich konsequenterweise erhebliche Unterschiede bei der Prozeßführung, welche sich auch in den Eigenschaften der gesinterten Probenkörper niederschlagen können. Die möglichen Vorteile des Mikrowellensinterns beinhalten die Einstellung der Mikrostruktur, sowie im Bezug auf piezoelektrische Materialien wie Blei-Zirkonat-Titanat, die Minimierung von Bleioxidverlusten während des Sinterprozesses. Diese Eigenschaften sind besonders entscheidend bei Komponenten mit großen Oberflächen, da Bleioxidverluste die piezoelektrische Leistung stark herabsetzen.

Es wurden Experimente mit 2.45 GHz- und 30 GHz-Mikrowellen durchgeführt und mit dem konventionellen Prozeß verglichen. Die Vor- und Nachteile der Prozeßführung wurden herausgearbeitet. Es wurde ein Dilatometer für das 30 GHz-Mikrowellenfeld entwickelt, welches in-situ Untersuchung des Sinterverhaltens keramischer Proben in Abhängigkeit von Temperatur und Zeit ermöglicht. Das Dilatometer wurde an die Anforderungen des Mikrowellenapplikators angepaßt. Eine entsprechende Ka-librierungsmethode wurde entwickelt, da Kalibierungskörper mit gleichen dielektrischen Eigenschaften wie das zu untersuchende Material nicht verfügbar waren. Es wurden daher vollverdichtete Proben mit vernachlässigbarem Schrumpf aus dem gleichen Material wie die zu untersuchende Keramik benutzt. Das Dilatometer ermöglicht Messungen von Ausdehnung und Schrumpf in Prozeßzyklen bis zu 1600 °C. Die Leistungsfähigkeit ist vergleichbar zur konventionellen Dilatometrie, wobei Heizraten von 80 K/min und einstellbare Haltezeiten möglich sind. Es konnten somit direkte Vergleiche zum Sinter- und Schrumpfungsverhalten von sowohl mit Mikrowellen als auch konventionell verdichteten kerami-schen Proben durchgeführt werden. 

Als zu untersuchende keramische Werkstoffe wurde nanoskaliges Zirkoniumoxid und die Elektroke-ramik Blei-Zirkonat-Titanat ausgewählt. Aus beiden Materialien wurden Grünkörper mit möglichst hohen Gründichten hergestellt und mit den verschiedenen Sintertechniken verdichtet. Die sich anschließende Charakterisierung umfaßte Vergleiche von mechanischen und piezoelektrischen Eigenschaf-ten, welche in Korrelation zu Dichte und Mikrostruktur gesetzt wurden. 

Für beide Materialien wurde festgestellt, daß der Sinterschrumpf um 150 – 200 °C erniedrigten Tem-peraturen einsetzt und auch die Temperatur des Sintermaximums um etwa den gleichen Betrag herabgesetzt ist. Die Vergleiche von Zirkoniumoxidproben ergaben, daß im Mikrowellenfeld das Korn-wachstum stark unterdrückt ist. Die aufgrund der Feinskaligkeit erwarteten signifikant höheren mechanischen Kennwerte konnten jedoch nicht beobachtet werden.

An massiven Proben aus Blei-Zirkonat-Titanat ergab die Gegenüberstellung von dielektrischen und piezoelektrischen Kennwerten vergleichbare Werte von konventionell und mit Mikrowellen hergestellten Proben. Wie auch beim Zirkoniumoxid festgestellt wurde, verursachte die erniedrigte Sintertempe-ratur (~150 K niedriger) ein feineres Korngefüge, welches sich jedoch nicht auf die elektromechanischen Eigenschaften auswirkt. Die Auswertung der Prozeßparameter ergab, daß beim Mikrowellensintern vor allem keine Kontrolle der Bleioxid-Atmosphäre notwendig ist. 

Die Verdichtung keramischer Mikrokomponenten wie 1-3 piezoelektrische Komposits, Fasern und Stapelaktoren über die Mikrowellenprozeßtechnik wurde demonstriert, wobei für die im Mikrowellen-feld gesinterten keramischen Mikrokomponenten vergleichbare bzw. bessere Werte bei den Messungen der Funktionsparameter festgestellt wurden. Der minimale Bleiverlust während des Sinterprozesses ist signifikant für die Herstellung von blei-basierten Komponenten mit grosser Oberfläche.

Microwave Processing for Ceramic Materials in Microsystem Technology

Abstract
As the application of ceramic components in microsystem technology progresses, further research on the development of new advanced materials with enhanced durability, strength and formability is re-quired. This research is being driven by the ongoing miniaturization of ceramic micro parts, including an increased level of microstructural control and design complexity further requiring new processing methodologies. 

In this study, the applicability of microwaves for sintering of monolithic ceramics and ceramic micro-components was investigated. As the heating of dielectrics in microwave fields is based on the direct interaction of microwaves and matter, the energy is volumetrically distributed. This distinguishes from heating by conventional infrared radiation, in which heating is initiated at the surface and therefore resulting in differences in both the densification process and materials' properties. The potential bene-fits of the microwave sintering route include microstructural control and in regard to piezoelectric materials like lead-zirconate-titanate the benefit of lead oxide loss prevention during the densification process. This is crucial as lead oxide loss leads to significant degradation in piezoelectric activity especially of high-surface area components.

Experiments with 2.45 GHz and 30 GHz microwaves were conducted and contrasted to conventional thermal processing. The advantages and disadvantages of microwave processing were then as-sessed. A dilatometer for the 30 GHz microwave field was developed to allow in-situ monitoring of time and temperature dependent densification behavior. The experimental setup addressed the issues of microwave heating in the applicator. Componentsof low loss materials transparent to microwaves were used in order to maintain microwave heating of the sample and the setup was designed to shieldthe inductive displacement transducer. An appropriate calibration method had to be developed as samples of similar dielectric properties as the material under investigation were not available. Therefore fully densified samples of the same ceramic material with negligible shrinkage were employed for calibration. The dilatometer allowed measurements of the sample's extension and shrinkage during heating cycles up to 1600 °C. The performance of heating experiments were comparable to conven-tional dilatometry with controlled heating rates up to 80 K/min and dwelling capability. This allowed direct comparisons of sintering and shrinkage behavior of both conventional and microwave proc-essed ceramic materials. 

Nanoscale zirconia and sub-micron lead-zirconate-titanate electroceramics were selected for the evaluation. Samples of both materials were processed in order to obtain highly dense green bodies and sintered with the different techniques. Investigation of the samples included comparison of the mechanical and piezoelectric properties as correlated to the density and microstructure. 

For both material systems, the onset of shrinkage was found to be significantly lower, as much as 150 – 200 °C, in the microwave field as well as the shrinkage maximum. Comparison of zirconia microstructures revealed suppressed grain growth in the microwave field, owing to the reduced temperature of densification. Significantly higher mechanical properties associated with the fine grain size, however, were not realized. 

The dielectric and piezoelectric data of lead-zirconate-titanate ceramics were found to be comparable for both conventional and microwave sintering. As found with zirconia, the reduction in sintering temperature (~ 150 K) resulted in significantly finer microstructure, with no apparent grain size depend-ency of the electromechanical properties. As for the processing benefits it was found that lead oxide control was obsolete employing the microwave sintering technique. 

The densification of functional microcomponents by microwave processing was demonstrated, including 1-3 piezoelectric composites, fibers, and multilayer actuators with enhanced performance. Of significance to the production of high surface area lead-based components was the minimal lead oxide volatility during the sintering process.

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