Forschungszentrum Karlsruhe - Wissenschaftliche Berichte - FZKA 6801

Herstellung von dreidimensionalen Mikrostrukturen aus Polymermembranen

R. Truckenmüller , Z. Rummler, W. K. Schomburg

Zusammenfassung
In der vorliegenden Arbeit wurden 2 neue Ansätze für mikrotechnische 3-D-Fertigungstechnologien auf der Basis polymerer Membranen, welche von ebenen zu räumlichen Gebilden verwölbt werden, entwickelt.

In einem 1. Ansatz für ein Verfahren zur Herstellung von polymeren, dreidimensionalen Membranmikrostrukturen wurde ein paralleles, auf der Fotolithografie aufsetzendes Verfahren auf der Grundlage von strukturiert miteinander bzw. mit einem Substrat verbundenen und anschließend bei Raumtemperatur verwölbten Polymermembranen erarbeitet. Für das strukturierte Verbinden bzw. Trennen der Membranen wurde zum einen die Differential Adhesion Method verwendet. Unter anderem wurden dazu Polyimidmembranen mit einer wenige 10 nm dicken, flexiblen Schicht aus ‚Pyrex’ als Antihaftschicht gegenüber Gold ausgerüstet. Zum anderen wurde eine neue, so genannte ‚parallele Opferschichttechnik’ eingesetzt. Das Löse- oder Ätzmedium erreicht hierbei die Grenzschicht zwischen Membran und Opferschicht durch Permeation. Für das Auffalten der Hohlstrukturen durch Aufpumpen wurden Druckanschlüsse entwickelt. Es wurde ein Funktionsdemonstrator in Form eines einseitig eingespannten, spiralig gekrümmten Schwellkörpers aufgebaut. Wird der eingerollte Schwellkörper pneumatisch ausgerollt, ähnelt die Bewegung in ihrem Ablauf der der 3 Glieder des menschlichen Zeigefingers zwischen den Endlagen der Beugung und Streckung. Ein so oder ähnlich gearteter pneumatischer Aktor könnte etwa für mikrotechnische Manipulationsaufgaben eingesetzt werden.
In einem 2. Ansatz wurde ein Verfahren auf der Grundlage von thermogeformten und auf ein Kunststoffsubstrat geschweißten bzw. heißgesiegelten Kunststofffolien erarbeitet. Das so genannte ‚Mikrothermoformen’ wird als Verfahren zur Herstellung polymerer fluidischer Mikrostrukturen eingeführt. Dabei wird in einer Heißprägepresse eine dünne thermoplastische Folie durch ein Druckgas zu einer Fluidstruktur thermogeformt und auf ein Substrat gesiegelt. Das Substrat ist eine Folie aus Kunststoff mit fluidischen Anschlüssen in Form von Durchgangslöchern. Zur Abschätzung der Machbarkeit des Mikrothermoformens, speziell auch von Fluidkanälen und deren Kreuzungen z. B. für die Kapillarelektrophorese (CE, Capillary Electrophoresis), wurden, aufsetzend auf einer Materialcharakterisierung eines typischen Thermoformhalbzeugs bei Umformtemperatur, Finite-Elemente-Simulationen des eigentlichen Formvorgangs gerechnet. Es wurden einfache Werkzeuge für das Mikrothermoformen entwickelt, welche mit vergleichbar geringem Aufwand wie Werkzeuge für das Heißprägen in und aus einer Abformmaschine gerüstet werden können. Schließlich wurden Demonstratoren, unter anderem flexible CE-Chips mit 4 x 4 CE-Strukturen im Raster von 10 x 10 mm, gebaut. Die CE-Strukturen wurden bei 115 °C mit Stickstoff unter 5 bar in eine 25 µm dicke Polystyrolfolie geformt. Die Kanäle der CE-Strukturen haben eine innere Breite von 150 µm und eine Tiefe von 75 und 50 µm. Der innere Eckenradius der Kanalkreuzungen beträgt 125 µm. Der vorgestellte Verfahrensansatz eröffnet die Chance für einen zukünftigen großserientauglichen mikrotechnischen Low-Cost-Prozess in der Gestalt eines Fließ- bzw. Endlosprozesses durch das Fahren von bzw. auf Folienrollen.


Fabrication of Polymer Three-Dimensional Membrane Microstructures


Abstract
This thesis describes two new basic approaches to 3-D microfabrication technology using polymer membranes.

The first approach in fabricating polymer three-dimensional membrane microstructures is based on warped membranes connected with each other at their edges. To connect and separate the membranes, the differential adhesion method was used. Polyimide membranes were coated with a flexible layer of ‘Pyrex’, a few tens of nanometers thick, to which a subsequently applied gold layer has very poor adhesion. An alternative connecting and separating method uses a novel, so-called ‘parallel sacrificial layer technique’. The solvent or etchant reaches the interface between membrane and sacrificial layer by permeation. To inflate the hollow structures, pressure ports were developed. As show piece, a spirally curved inflatable cantilever beam was built. The beam may be pneumatically unrolled. The motion of the beam is then similar to that of the three phalanges of the human index finger between the extreme positions of flexion and extension. A comparably designed actuator could be used, for example, in handling tasks.

The second approach is based on plastic films, which are thermoformed and welded or heat-sealed onto a plastic substrate. This so-called ‘microthermoforming’ is introduced as a method to fabricate polymer fluidic microstructures. Inside a hot-embossing press, a thin thermoplastic film is thermoformed into a fluidic structure by a compressed gas and sealed onto a substrate. The substrate is a plastic film with through holes, which act later as fluidic ports. To estimate the feasibility of microthermoforming, in particular, of fluidic channels and channel intersections for CE (capillary electrophoresis), finite elements simulations were calculated. Simple tools for microthermoforming, which are easily mounted into a hot-embossing machine, were developed. As show pieces, flexible CE chips with 4 x 4 CE structures arranged in a 10 x 10 mm grid were built. The CE structures were formed into a 25 µm thick polystyrene film at a temperature of 115 °C with nitrogen under 5 bar pressure. The channels have an inner width of 150 µm and a depth of 75 and 50 µm. The inner corner radius of the channel intersections is 125 µm. The approach presented provides the opportunity to have a future low-cost reel-to-reel process.


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