Forschungszentrum Karlsruhe - Wissenschaftliche Berichte
- FZKA 6891
Entwicklung von Mikrostrukturreaktoren zum thermisch instationären Betrieb chemischer Reaktionen
Für verschiedene verfahrenstechnische
Prozesse wurden in der Literatur Leistungsverbesserungen durch periodische
Änderung von einzelnen oder mehreren Prozessparametern vorausgesagt. Die
Verbesserungen beruhen dabei auf Nichtlinearitäten innerhalb des Prozesses. Die
Leistungssteigerungen treten üblicherweise bei kurzen Periodendauern auf, so
daß für experimentelle Untersuchungen Systeme mit geringer Trägheit und kurzen
Totzeiten notwendig sind.
Die
periodische Änderung der Prozesstemperatur zeigt insgesamt den stärksten
Einfluß auf verfahrenstechnische Prozesse. Zusätzlich ist jedoch auch die
Abhängigkeit der maximal möglichen Frequenz der Temperaturmodulation von der
thermischen Trägheit des Reaktorsystems am deutlichsten ausgeprägt.
Insbesondere die thermische Masse des Reaktorsystems ist hierbei zu
berücksichtigen, jedoch müssen, je nach betrachtetem Prozess, auch andere
Prozessparameter wie z.B. die Verweilzeit eines Reaktionsgemischs innerhalb des
Reaktionsvolumens in die Überlegungen einfließen.
Die in den letzten
Jahren vorangetriebenen Entwicklungen auf dem Gebiet der Mikrosystemtechnik
sind integrale Voraussetzung für Apparate, deren thermische Massen gering sind
und die daher möglicherweise zum thermisch
instationären Betrieb chemischer und verfahrenstechnischer Prozesse genutzt
werden können.
Hinzu kommen die neuartigen Möglichkeiten, die insbesondere Mikrostrukturapparate aus Metall bieten. Wie aus zahlreichen Veröffentlichungen bekannt, sind diese metallischen Mikrostrukturapparate nicht nur äußerst robust gegenüber hohen Temperaturen und Drücken. Es ist darüber hinaus auch möglich, definiert poröse Trägerschichten für Katalysatoren in die metallischen Mikrostrukturapparate einzubringen.
Ziel der vorliegenden Arbeit war es, mit Hilfe eines eigens konzipierten metallischen Mikrostrukturapparates und einer speziell entworfenen Versuchsapparatur zu belegen, daß ein Fast Temperature Cycling (FTC) eines Mikrostrukturapparates mit Periodendauern im Sekunden- bis Subsekundenbereich möglich ist. Zudem sollte versucht werden, anhand einer einfachen, heterogen katalysierten Gasphasenreaktion den qualitativen Nachweis für positive oder negative Auswirkungen des FTC auf verfahrenstechnische Prozesse zu erbringen.
Dazu wurden neuartige
Mikrostrukturapparate für den thermisch
instationären Betrieb bzw. FTC
vorausberechnet, ausgelegt und gebaut. Sowohl beim Design als auch bei der
Herstellung wurde besonders auf eine Kombination aus hoher Stabilität und Widerstandsfähigkeit
der Mikrostrukturapparate gegenüber hohen Temperaturen und hohen Drücken sowie
gleichzeitig minimaler thermischer Masse geachtet. Zusätzlich mußte die Möglichkeit
der Integration von Katalysatorträgerschichten gegeben sein.
Alle vorausberechneten
Mikrostrukturapparate basieren auf einer kontinuierlichen elektrischen
Beheizung und einer periodisch zuschaltbaren Kühlung durch ein flüssiges
Wärmeübertragermedium. Für die vorliegende Arbeit wurde als
Wärmeübertragermedium aufgrund der Möglichkeit einer Zusatzkühlung durch
(partielles) Verdampfen deionisiertes Wasser verwendet.
Für eines der vorausberechneten Reaktordesigns wurde mit Hilfe einer CFD-Software (Computational Fluid Dynamics) das thermische Verhalten sowohl für den thermisch stationären als auch für den thermisch instationären Betrieb simuliert. Die Simulationsergebnisse konnten mit moderaten Abweichungen experimentell bestätigt werden.
Zum Betrieb der
Mikrostrukturapparate wurde eine spezielle Versuchsanlage aufgebaut. Mit Komponenten
der klassischen Verfahrenstechnik wurde eine Versuchsanlage realisiert, die
gleichermaßen hohe Meßpräzision und Langzeitstabilität gewährleistet. Für die
integrierte Meß- und Regeltechnik wurde eine neue Meß- und Steuersoftware
entwickelt, die einen periodischen Betrieb der Versuchsanlage mit einer
maximalen Taktfrequenz von 1,6 Hz erlaubt. Es sind somit Messungen im
Subsekundenbereich möglich.
Die speziell erarbeitete Software erlaubt sowohl eine direkte Vorauswahl der Teilperiodendauer während des thermisch instationären Betriebs als auch die Wahl je einer oberen und unteren Grenztemperatur, bei deren Erreichen der jeweils andere Teilzyklus des thermisch instationären Betriebs automatisch begonnen wird. Im Falle der Grenztemperaturvorgabe stellt sich automatisch ein ungleichmäßiger Split der Periodendauer in Aufheizteilzyklus und Abkühlteilzyklus ein, während im Falle der Vorgabe einer Teilperiodendauer die Länge von Aufheiz- und Abkühldauer unabhängig voneinander direkt gewählt werden können. Auf diese Weise ist sowohl eine Gleichverteilung als auch ein ungleichmäßiger Split der Periodendauer möglich.
Mit FTC‑Reaktoren konnte eine maximale mittlere Aufheiz- bzw. Abkühlrate von ca. 140 K · s‑1 erzielt werden. Hierbei traten an den Mikrostrukturapparaten „hot spots“ auf, die bei dauerhaftem Betrieb zur Zerstörung des Mikrostrukturapparates führen können. Ein sicherer, reproduzierbarer Dauerbetrieb mit konstanter Leistung war für periodische Temperaturänderungen von 100 K innerhalb von etwa 2,1 Sekunden möglich. Dies entspricht einer mittleren Aufheiz- bzw. Abkühlrate von ca. 48 K · s‑1. Innerhalb der durch das Steuerprogramm und die Versuchsanlage zum thermisch instationären Betrieb vorgegebenen Sicherheitsgrenzen konnte eine maximale periodische Temperaturänderung von ± 173 K erreicht werden. Verschiedene Mikrostrukturapparate konnten insgesamt über mehrere hunderttausend Temperaturzyklen thermisch instationär betrieben werden, ohne daß Veränderungen am Temperaturverhalten oder den Massendurchsätzen der einzelnen Fluidpassagen meßbar waren.
Als Testreaktion
wurde die Oxidation von CO zu CO2 an einem Platin-Katalysator
ausgewählt. Um den Katalysator integrieren zu können, wurden mit Hilfe der
Sol-Gel-Technik in vollständig gefertigte FTC‑Reaktoren poröse Al2O3-Trägerschichten
eingebracht. Die Haftfestigkeit und Stabilität der Schichten gegenüber
schnellen Temperaturwechseln konnte bestätigt werden. Der Katalysator wurde
mittels Tränkimprägnation in den beschichteten Mikrostrukturapparat eingebracht.
Zur Analyse der Reaktionsprodukte wurde ein FTIR-Spektrometer eingesetzt. Eine
Deaktivierung des Katalysators konnte auch nach längerem Betrieb nicht
festgestellt werden.
Es wurden
verschiedene Experimente zum thermisch
stationären, thermisch quasistationären
und thermisch instationären Betrieb
der Beispielreaktion ausgeführt. Dabei konnte gezeigt werden, daß der
Reaktionsumsatz im thermisch
instationären Betrieb innerhalb eines Temperaturbereichs von 50 °C bis
150 °C zwei- bis dreimal so hoch war wie im thermisch stationären bzw. thermisch
quasistationären Betrieb.
Development of microstructure reactors for running reactions under thermal unsteady-state conditions
Abstract
From
literature it is known that some chemical processes may benefit from periodic
changes of one or more process parameters due to non-linear behaviour. Usually,
the benefit can be obtained with reasonably short period times. Thus,
experimental systems with reduced response times are necessary to examine the
possible effects.
A periodic
change of the process temperature is predicted to have the strongest influence
to the process. The maximum frequency of the temperature modulation strongly
depends on the thermal inertia of the reactor system. This inertia is dominated
by the thermal mass of the reactor system. However, other parameters like the
residence time of a reactand mixture may also have to be considered.
Recent developments in microstructure technology allow the design of microstructure
devices with low thermal masses. These devices permit the thermally unsteady
state (periodic) operation of chemical reactions.
Metallic
microstructure devices are suitable for operation in wide ranges of temperature
and pressure. Moreover, it is possible to integrate porous layers to increase
the inner surface of the device and to apply catalyst coatings.
The
objective of the present thesis was to show the possibility of a thermally
unsteady state operation with period times down to the subsecond range by using
a specifically designed microstructure device for Fast Temperature Cycling (FTC). For a simple heterogeneously
catalysed gas phase reaction, the process performance was compared between steady state and FTC operation.
New microstructure devices for thermal
unsteady state operation and FTC
were designed and manufactured. The devices were designed to provide an optimum
combination of resistance against high pressures and temperatures and minimized
thermal masses. Catalytically active materials were integrated into a number of
devices.
A special experimental setup was build for the FTC, using conventional hardware providing high measurement
accuracy and reliability under harsh operating conditions. A new measurement
and control software was developed. With this software, the experimental setup
could be operated up to a FTC
frequency of 1,6 Hz.
The software allows to either preset heating and cooling period times
indepently, or to define upper and lower temperature boundaries for an
automatic FTC processing. In the
latter case, the heating and cooling period times will assume different values.
All microstructure devices were designed to be continuously heated with high
power resistor heating cartridges and to be periodically cooled by intermittent
injection of a coolant liquid. In the work reported, deionised water was chosen
as coolant in order to increase the cooling by (partial) evaporation. The
thermal behaviour of the latest microstructure design was simulated by CFD methods
for unsteady state processing.
Agreement with experimental results was excellent.
A maximum
mean heating / cooling rate of 140 K · s‑1 was
reached in FTC reactors. Under these
conditions, „hot spots“ occured inside the microstructure devices, and prolonged
operation with these parameters can result in irreversible damage. A safe
continuous operation with constant heating power can be achieved. Under these
conditions, a periodic temperature change of 100 K over a partial period
time of 2,1 seconds is obtainable, corresponding to a mean heating / cooling
rate of approximately 48 K · s‑1. The safety
limits defined in the measurement and control software allowed a maximum
temperature difference of ±173 K. A number of FTC devices were operated for several hundred thousand temperature
cycles. No significant changes in the thermal or fluidic behaviour could be
observed.
As test reaction, the oxidation of CO to CO2 on a platinum
catalyst was chosen. The catalyst was integrated into the FTC device by impregnating a porous alumina layer created by
sol-gel technique. The stability of the catalyst layers under FTC conditions was demonstrated. FTIR
spectrometry was used for online analytics. No deactivation of the catalyst
could be observed even after prolonged use of the device.
With the test reaction, numerous experiments under steady state, quasi-steady
state and unsteady state thermal
conditions have been performed. Under FTC
conditions in the temperature interval 50 °C to 150 °C, the reaction
yield was enhanced by a factor of 2 to 3 compared to the yield under steady state or quasi-steady state conditions.