Forschungszentrum Karlsruhe - Wissenschaftliche Berichte - FZKA 6902
Herstellung und Charakterisierung kovalent gebundener Ein- und Viellagenschichten aus dem System B-C-N-Si
M. Lattemann
Zusammenfassung
In der Dünnschichttechnologie gewinnt die Entwicklung und Untersuchung
von Schichtkonzepten zur Herstellung neuartiger Materialien mehr und mehr an
Bedeutung aufgrund der komplexen Anforderungen in der Anwendung. Das
Schichtkonzept der Viellagenschichten mit seinen multifunktionalen
Eigenschaften ist im Bereich der Tribologie und des Verschleißschutzes
weitverbreitet.
In der vorliegenden Arbeit wurden die strukturellen und
mechanischen Eigenschaften von Einlagenschichten und Viellagenschichten aus dem
quarternären System B-C-N-Si untersucht. Das Ziel der Arbeit war es die
Eigenschaften der Einlagenschichten mit denen der Viellagenschichten zu
vergleichen, um das Potential der hauptsächlich kovalent gebundenen
Viellagenschichten zu überprüfen. Die Dünnschichten wurden unter Verwendung des
Magnetronzerstäubens bei einer Targetleistung von 300 W hergestellt. Die
mechanischen Eigenschaften der Dünnschichten wie Härte, Eigenspannung und
kritische Last des Versagens im Ritztest sowie die Konstitution wurden mittels
mikroanalytischen und mechanischen Methoden untersucht. Röntgenreflektivität
wurde verwendet, um Informationen über die Dichte der Einlagenschichten und die
Grenzflächen der Viellagenschichten zu erhalten.
Die Verwendung der Magnetronzerstäubung bietet hierbei neben
verfahrenstechnischen Vorteilen verschiedene Möglichkeiten, die Thermodynamik
und die Kinetik während der Schichtabscheidung in weiten Bereichen zu
variieren. Unter änderung der Zusammensetzung der Ar/N2-Gasphase,
der Substrattemperatur TS, der Targetleistung P und der
DC-Substratvorspannung US konnte
amorphes Siliziumnitrid (SiSi3N4) in einer
stöchiometrischen Zusammensetzung und einer hohen Dichte abgeschieden werden.
Siliziumcarbid (SiC) wurde bei unterschiedlichen Substrattemperaturen TS und einer
bei der höchsten Substrattemperatur TS von 700° zusätzlich
angelegten DC-Substratvorspannung US bis -60 V
abgeschieden. Die bei angelegter Substratvorspannung amorph abgeschiedenen
SiC-Schichten erreichten ebenfalls eine hohe Härte von über 5000 HV0,01. Die
Kristallisation des SiCs begann bei einer Substratvorspannung von -60 V,
gleichzeitig stieg der Kohlenstoffgehalt in den Schichten aufgrund des
bevorzugten Zerstäubens des kondensierten Siliziums an. Raman-spektroskopische
Untersuchungen zeigten die Existenz des Kohlenstoffs als eine zweite, amorphe
Phase in hauptsächlich sp2-gebundener Form und daraus folgend nahm die Härte
der Schichten ab. Das dritte untersuchte Material, Borcarbid (B4C) wurde
bei verschiedenen Substrattemperaturen TS abgeschieden
und war immer amorph mit einer ebenfalls hohen Härte von etwa 4100 HV0,01.
Die diskutierten Einlagenschichten wurden zu
Viellagenschichten kombiniert (bei TS=700°C im
Falle der Si3N4/SiC- und
Si3N4/B4C-Viellagenschichten
und ohne externe Heizung im Falle der SiC/B4C-Viellagenschichten und ohne
angelegter Substratvorspannung), wobei die Modulationslänge bei einer
konstanten Gesamtschichtdicke variiert wurde. Jedes Viellagensystem zeigt eine
mehr oder weniger ausgeprägte Härteerhöhung für Modulationslängen Λ zwischen 10
nm und 13 nm. Im Falle der bei einer Substrattemperatur von 700°C
abgeschiedenen Si3N4/SiCViellagenschichten
stieg die Härte mit abnehmender Modulationslänge und eine Härtesteigerung von
ca. 30% konnte bei einer Modulationslänge von 11,7–12,3 nm beobachtet werden.
Die Härte in den beiden anderen Systemen erreichte lediglich die Härte des
Mittelwertes aus den Einzellagen oder lag geringfügig darüber. Untersuchungen
zeigten, dass das Viellagensystem mit der Härtesteigerung aus zwei Materialien
bestand, die sich in den Eigenspannungswerten und den thermischen
Ausdehnungskoeffizienten unterschieden, was alternierende Eigenspannungsfelder
in den Viellagenschichten verursachte und zu einer Härtesteigerung und einer Dissipation
der Rissausbreitung an den Grenzflächen führte. Zusätzlich scheinen
alternierende Werte der Härte und des reduzierten Elastizitätsmodul, abrupte
übergänge, so wie ein optimales Modulationsverhältnis lf1/lf2 von
Bedeutung für die Härteerhöhung zu sein. Neben der hohen Härte der
Viellagenschichten ist zu erwarten, dass die Zähigkeit aufgrund der
Eigenspannungsrelaxation und der Rissablenkung an den Grenzflächen erhöht ist.
Der sogenannte „Supermodulus-Effect“, der aus
kristallinen Viellagenschichten der übergangsnitride und -carbide bekannt ist,
konnte erstmals auch in amorphen, hauptsächlich kovalent gebundenen
Viellagenschichten beobachtet werden.
Deposition
and characterization of covalent bonded mono- and multilayer coatings of the
system Si-B-C-N
Abstract
In thin film technology the
development and investigation of new coating concepts in order to find new
materials with tailored properties is getting more and more important because
of the complex requirements in practical application. The coating concept of
multilayers with their multifunctional properties is well accepted for
tribological and wear applications.
In the presented work an
investigation has been made of the structural and mechanical properties of
monolayered and multilayered thin films in the system B-C-N-Si. The aim was to
compare the properties of the monolayers with the multilayer systems to prove
the potential of the mostly covalently bonded multilayer thin films.
The thin films were produced
by unbalanced r.f. magnetron sputtering at a power of 300 W. The mechanical
properties of the thin films like hardness, residual stress and critical load
of failure in the scratch test as well as the constitution were investigated
using microanalytical and mechanical methods. X-ray reflectivity was used to
obtain information about the density of the monolayered thin films and the
interfaces of the multilayers.
The use of magnetron
sputtering offers diverse possibilities, apart from methodical advantages, to
vary thermodynamics and kinetics over a wide range during the deposition
process. Varying the composition of the Ar/N2 working atmosphere, the substrate temperature TS and the d.c. substrate bias US,
amorphous Si4N4 could be deposited in a stoichiometrical composition with a high density
and hardness. Silicon carbide was deposited with different substrate
temperatures and an additionally applied d.c. substrate bias of up to -60 V at
the highest substrate temperature of 700°C. The amorphous SiC films with an
applied substrate bias reached also a high hardness above 5000 HV10. The
crystallisation of the SiC began at substrate bias of -60 V, simultaneously the
carbon content increased because of the preferential resputtering of the
silicon. By means of Raman spectroscopy and XPS measurements the existence of
carbon could be demonstrated as a second amorphous phase in mainly sp2-hybridized
form, and as a result the hardness decreased. The third examined material, B4C was deposited
at different substrate temperatures and was always amorphous with also a high
hardness about 4100 HV10.
The discussed monolayers were
combined in multilayer systems (at TS=700°C the
case of Si3N4/SiC and Si3N4/B4C multilayers and without substrate heating in the
case of SiC/B4C multilayers and without an applied substrate bias US varying the modulation length at a constant multilayer
film thickness. Every multilayer system showed more or less a higher hardness
at modulation lengths between 10 nm and 13 nm. In the case of Si3N4/SiC
deposited at a substrate temperature of 700°C the hardness increased with
decreasing modulation length and a hardness enhancement of about 30% could be
observed at a modulation length of 11.7–12.3 nm. The two other systems reached
only the hardness of the average value of the monolayers or slightly higher.
Investigations showed that the multilayer system with the hardness enhancement
consisted of two layers that differ in stress values and thermal expansion
coefficients, which caused alternating thermal stress values in the multilayer
coatings, leading to a higher hardness and dissipation of crack propagation at
the interfaces. Additionally, the alternation of high hardness und Young’s
modulus values, sharp interfaces, an optimal modulation ratio lf1/lf2 seem to be important for the hardness enhancement.
Beside the high hardness of the multilayered thin films, the toughness is
expected to be enhanced due to observed stress relaxation and deflection of
crack propagation at the interfaces.
It is the first time that the
so called ,,supermodulus effect” (well known from multilayer systems consisting
of transition metal carbides and nitrides) could be observed in an amorphous
mostly covalent bonded multilayer system.