Forschungszentrum Karlsruhe - Wissenschaftliche Berichte - FZKA 6935

Fortschritte bei der Beherrschung und Begrenzung der Folgen auslegungsüberschreitender Ereignisse. Bericht vom KTG Fachtag der Fachgruppen „Reaktorsicherheit“ und „Thermo- und Fluiddynamik“. Karlsruhe, 25./26. September 2003

W. Scholtyssek, H. Fabian (Hrsg.)

Zusammenfassung
Mit freundlichen Grußworten durch Dr. Fritz, FZK und Prof. Hartkopf, EnBW wurde der Fachtag eröffnet. Anschließend erläuterte Dr. Fabian Zielsetzung und Inhalte der Veranstaltung. Mit insgesamt 20 Fachvorträgen wurde der erreichte Status in einer kompakten Gesamtdarstellung präsentiert.

In den zurückliegenden 20 Jahren hat man nach der Erkenntnis, dass in deutschen Reaktoranlagen auch bei auslegungsüberschreitenden Ereignissen noch Maßnahmen zu ihrer Beherrschung bzw. der Begrenzung der Folgen ergriffen werden können, das Potential ausgelotet und erforscht. In vertieften Sicherheitsanalysen wurde das Anlagenverhalten bewertet und es wurden störfallrelevante Phänomene intensiv erforscht. Nachdem man die Abläufe hinreichend verstanden hatte und berechnen konnte, wurden technische Maßnahmen und administrative Vorkehrungen in den Anlagen getroffen: präventive und mitigative Notfallmaßnahmen. Sie ergänzen die vierte Sicherheitsebene im bewährten, mehrstufigen, gestaffelten Sicherheitskonzept und bewirken eine weitere, erhebliche Reduktion des Restrisikos, wobei - abhängig von der jeweiligen Anlage - die Kernschadenshäufigkeit etwa eine halbe Größenordnung niedriger liegt als die Gefährdungshäufigkeit.

Die in den deutschen Anlagen implementierten Maßnahmen entsprechen - global gesehen- dem internationalen Stand der Technik. Eine Optimierung an bestehenden Maßnahmen kann sich nach anlagenspezifischen Analysen zu Schweren Störfällen, speziell auch einer PSA der Stufe 2, ergeben. Die Aufbereitung von Informationen und Darstellungstechniken zur Unterstützung des Anlagenbetriebs im Sicherheitsmanagement mit Simulationsprogrammen und spezifischen Prozeduren sind in der Entwicklung. Bei Neuanlagen hat man fortgeschriebenen Genehmigungsanforderungen bezüglich Schwerer Störfälle mit limitierten Freisetzungen aus den Anlagen nachzukommen und analytisch nachzuweisen. Frühe, große Freisetzungen sind auszuschließen. Eine Rückhaltung - zumindest temporär - einer Schmelze im Containment und damit eine Begrenzung von Freisetzungen aus der Anlage sind gefordert. Abhängig von der Anlagentechnik werden unterschiedliche, aber in allen Fällen aufwendige Konzepte verfolgt.

Die Erkenntnisse aus den Forschungsarbeiten zu Schweren Störfällen zeigen erhebliche Fortschritte im phänomenologischen Verständnis und in der Analytik. Die meisten Phänomene sind grundsätzlich verstanden. Vielfach bestimmen anlagenspezifische Details den Unfallablauf dominant. Zweifellos ist einer Reihe von Detailfragen noch vertieft nachzugehen; diese Arbeiten werden im internationalen Verbund weitergeführt. In der Diskussion zu diesem Punkt wurde angeregt, die identifizierten offenen Fragestellungen mit EVU, Herstellern, Forschungsinstitutionen und Gutachtern zu diskutieren, um im Konsens die Relevanz zu beurteilen und eine Prioritätensetzung vorzunehmen. Für eine risikoorientierte Bewertung der offenen Punkte empfiehlt es sich, eine PSA Stufe 2 heranzuziehen und die anlagenspezifischen Aspekte herauszuarbeiten.

Aus EVU-Sicht wurde angemerkt, dass bei politisch bedingter limitierter Laufzeit der Anlagen die Unterstützung der Forschungsarbeiten zu Schweren Störfällen verständlicherweise sehr begrenzt ist.

Progress in control of design extension events and mitigation of consequences

Abstract
The workshop was opened with welcome greetings by Dr. Fritz, Forschungszentrum Karlsruhe, and Prof. Hartkopf, EnBW. Subsequently Dr. Fabian explained goals and content of the workshop. The status was presented in 20 papers in a compact and complete manner.

Having recognised that even in the case of design extension events measures can be taken in German nuclear plants for control and limitation of consequences, the relevant potential was assessed and studied in the past 20 years. The plant behaviour was analysed and evaluated and relevant severe accident phenomena were studied extensively. After having understood the sequences and after having developed and validated numerical tools, technical and administrative precautions were implemented in the nuclear plants in form of preventive and mitigative emergency measures. They add a fourth safety level to the well established and accepted multi-barrier safety concept and result in a further and condsiderable reduction of the remaining risk, where - depending on the plant type - the core damage frequency is lowered by about half an order of magnitude.

Viewed globally, the measures that are implemented in the German nuclear power plants correspond to the international state of the art. Existing measures can be optimised after plant specific severe accident analyses, especially when using PSA level 2. Evaluation of information and presentation techniques, using simulation programmes and specific procedures, are under development for support of the plant operation in safety management. For new plants, extended licensing requests for limited releases in severe accidents must be followed and proved analytically. Early large releases must be excluded. Retention of core melt within the containment, at least temporarily, is requested to further reduce releases. Depending on plant design, different but always elaborate concepts are followed.

The knowledge gained by extended R&D work in the severe accident area demonstrates significant progress in phenomenological understanding and analytical description. Most of the relevant phenomena are basically understood. In many cases, plant specific details dominate the accident sequence. Undoubtedly, a number of details must still be investigated which is being performed in international cooperation. Concerning this topic it was proposed to discuss the identified open problems with utilities, vendors, research and expert organisations, in order to reach agreement on relevance and priorities. For a risk oriented evaluation of open topics it is recommended to elaborate plant specific aspects on the basis of PSA level 2 studies.

It was remarked from utilities point of view that, because of limited plant life time due to political boundary conditions, support for severe accident research is understandably rather limited.

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