Forschungszentrum
Karlsruhe - Wissenschaftliche Berichte – FZKA 7058
Werkzeugentwicklung für das Heißprägen beidseitig mikrostrukturierter Formteile
H. Dittrich, M. Heckele,
W.K. Schomburg
Zusammenfassung
In der vorliegenden Arbeit wurde ein Werkzeug- und
Verfahrenskonzept für das beidseitige Heißprägen mikrostrukturierter
Formteile vorgestellt. Der Fokus der Untersuchung war dabei auf die Herstellung
großflächiger beidseitig mikrostrukturierter
Kunststoffsubstrate mit dünnen Restschichten gerichtet, wie sie für Anwendungen
in der Mikrooptik und Mikrofluidik in Betracht
kommen. Der Bedarf an Einwegkomponenten, zum Beispiel für mikrofluidische
Analysechips, erforderte die Entwicklung eines kosteneffizienten Verfahrens mit
kurzen Zykluszeiten.
Gegenstand des Werkzeug- und Verfahrenskonzepts war
daher die Entwicklung geeigneter Mechanismen für die präzise Ausrichtung der
Werkzeughälften, die defektfreie Entformung der
großflächigen und in der Regel biegeweichen Formteile sowie die effiziente
Temperierung der Werkzeuge zur Minimierung der Zykluszeiten.
Aufbauend auf der Untersuchung der
prozesstechnologischen Anforderungen wurde ein Werkzeugaufbau entwickelt und
realisiert, der aus zwei symmetrisch aufgebauten Werkzeughälften und einem
Positioniertisch besteht. Die Werkzeughälften bestehen jeweils aus einem
konstant temperierten Werkzeugrahmen, einem zyklisch temperierten
Werkzeugeinsatz minimierter Masse sowie einem konstant temperierten Kühlblock.
Der Werkzeugeinsatz wird während der Heizphase von dem Kühlblock thermisch
getrennt, so dass kurze Aufheizzeiten erreicht werden. Während der Präge- und
Abkühlphase wird der Werkzeugeinsatz mit dem Kühlblock thermisch gekoppelt, so
dass ihm die Wärme schnell entzogen wird. Aufgrund der Zeitanteile für das
Heizen und Kühlen des Werkzeugs im Prägeprozess, wird durch diese Maßnahme eine
maßgebliche Verkürzung der Zykluszeit erzielt. Die Werkzeughälften verfügen
darüber hinaus über Halbzeugspannplatten, welche das Halbzeug während des
Erwärmungs- und Abkühlvorganges fixieren und somit Schrumpf und Schwindung
verhindern. Mittels eines Entformantriebs können die
Halbzeugspannplatten präzise und unabhängig von der Werkzeugöffnungsbewegung
verfahren werden. Hierdurch kann das Halbzeug an die Formeinsätze angelegt
werden bzw. zur Entformung von diesen getrennt
werden. Separate Vakuum- und Druckluftanschlüsse in Ober- und Unterwerkzeug erlauben
in der Kavität die unabhängige Evakuierung und getrennt regelbare
Druckgasbeaufschlagung der Ober- und Unterseite des Halbzeugs, so dass eine druckluftunterstützte Entformung
realisiert werden kann. Auf diese Weise können die genannten großflächigen beidseitig
mikrostrukturierten Formteile entformt
werden.
Der Positioniertisch verfügt über eine Luftlagerung
und Biegegelenkführungen, wodurch reibungs- und führungsspielbedingte
Einflüsse auf den Positioniervorgang vermieden werden. Die Piezoaktorik
des Tisches erlaubt in Verbindung mit einer in den Werkzeugrahmen integrierten hochauflösenden Sensorik die
präzise Ausrichtung der Werkzeughälften.
Das Werkzeug und der Positioniertisch wurden in einer
Versuchsanlage in Betrieb genommen. Es ist gelungen, Mikrotiterplatten
als Demonstratoren für großflächige beidseitig mikrostrukturierte Formteile durch Heißprägen herzustellen.
Die hierbei erzielten Zykluszeiten betrugen 4 Minuten.
Tool Development for Hot Embossing of Double-sided
Microstructured Molded Parts
Abstract
In the present dissertation, a tool and process concept for
double-sided hot embossing of microstructured molded parts was described.
Studies focused on the manufacture of plastic substrates with large surface
areas and thin residual layers, which are microstructured on both sides and
considered for use in microoptics and microfluidics. Development of a
costefficient process with short cycle times was deemed necessary to meet the
demand for disposable components e.g. for microfluidic analysis chips.
The tool and process concept covered the development of appropriate
mechanisms for precise orientation of the tool halves, defect-free demolding of
the large-area and usually flexible molded parts, and efficient temperature
control of the tools to minimize cycle times.
Based on the process technology requirements determined, a tool setup of
two symmetrical tool halves and a positioning table was developed and
implemented. The tool halves each consist of a tool frame of constant
temperature, a tool insert of minimum mass that is subjected to thermal
cycling, and a cooling block kept at constant temperature. During heating, the
tool insert is thermally insulated from the cooling block. In this way, short
heating times are reached. During the embossing and cooling phase, the tool
insert is coupled thermally to the cooling block such that heat can be removed
rapidly. As a result of the short times needed for heating and cooling the tool
during embossing, cycle time is reduced considerably.
The tool halves are additionally provided with plates, by means of which
the semi-finished product is fixed during heating and cooling and shrinkage is
avoided. By a demolding drive, the fixing plates can be moved precisely and
independently of the tool opening movement. This allows to apply the
semi-finished product to the mold inserts or to separate it from them for
demolding. Via separate vacuum and pressurized air connections in the upper and
lower tool, independent evacuation of the cavity or controlled separate
pressurized gas supply to the upper or lower side of the semi-finished product
is ensured. In this way, the large-area molded parts that have been
microstructured on both sides can be demolded easily.
The positioning table is equipped with an air bearing and flexible joints.
Consequently, positioning is not influenced by friction or play of the joints.
Precise orientation of the tool halves is achieved by piezoactuators driving
the table and high-resolution sensors integrated in the tool frame.
The tool and positioning table were taken into operation in a test
facility. Microtiter plates were produced to demonstrate double-sided hot
embossing of large-area microstructured molded parts. Cycle times of 4 minutes
were reached.
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