Forschungszentrum Karlsruhe - Wissenschaftliche Berichte - FZKA 7061

 

Keramische Massen für den Niederdruckspritzguss zur Herstellung von Komponenten für die  Mikroverfahrenstechnik

 

Birgit Alm


Zusammenfassung
In der vorliegenden Arbeit wurden für die endformnahe Fertigung von keramischen Mikrobauteilen auf der Basis von Aluminiumoxid der Einfluss der Feedstock-Zusammensetzung und deren Aufbereitung auf das Abform- und Sinterverhalten untersucht. Neben der Herstellung und rheologischen Bewertung der Feedstocks für die Formgebung keramischer Mikrobauteile konnte in der vorliegenden Arbeit zum ersten Mal ein mehrschichtig und ausschließlich aus Keramik aufgebauter, funktionsfähiger Mikrowärmeübertrager gefertigt werden, dessen Leistungsfähigkeit in experimentellen Versuchsreihen untersucht und bewertet wurde.

Die materialspezifischen Voraussetzungen zur Herstellung komplexer, mikrofluidischer Keramikbauteile wurden systematisch erarbeitet. Es wurden Feedstocks bestehend aus drei Al2O3-Pulvern bzw. Al2O3-Pulvermischungen und verschiedenen Bindersystemen (Siliplast LP65 und Brij 72/Paraffin) mit sehr hohen Feststoffgehalten hergestellt und rheologisch bewertet. Auf die rheologischen Eigenschaften der Feedstocks konnte durch Verwendung verschiedener Ausgangspartikelgrößen, durch Einsatz verschiedener organischer Bindersysteme, durch die Änderung des Feststoffanteils und durch Temperaturänderung Einfluss genommen werden.

Aus den Feedstocks beider Bindersysteme wurden mikrostrukturierte Bauteile und filigrane Teststrukturen mit vergleichbar hoher Abformgenauigkeit bei Aspektverhältnissen bis zu fünf hergestellt. Die Bauteileigenschaften wie lineare Schwindung, Sinterdichte und Gefüge wurden an gesinterten Referenzbauteilen untersucht. Dabei konnten Bauteile mit Dichten bis zu 98% hergestellt werden. Die ermittelten Schwindungen betrugen bei einem Feststoffgehalt von 74,8 Vol.-% nur 8,2%, bei 65,0 Vol.-% Feststoffgehalt 11,0 – 12,5%.

Der komplex aufgebaute, keramische Gegenstrom-Mikrowärmeübertrager wurde geometrisch ausgelegt, und anhand von vereinfachten Simulationsrechnungen wurde der theoretische Wärmeübertrager-Wirkungsgrad abgeschätzt. Die Einzelkomponenten für die Mikrowärmeübertrager wurden über das Heißgießen bzw. das Niederdruckspritzgießen gefertigt.

Zum Aufbau komplexer, mikrofluidischer Keramikbauteile wurden das Fügen von Grünbauteilen und das Fügen auf der Basis gesinterter Bauteile erarbeitet. Bei der Entwicklung einer Grünfügetechnik erwies sich ein Bindersystem als ungünstig, während mit dem zweiten eine Grünfügemethode entwickelt wurde. In Tests zum Druckaufbau der grüngefügten Mikrowärmeübertrager hielten die Fügestellen einem maximalen Druck von 5 bar stand. Mikrowärmeübertrager, die aus gesinterten Bauteilen mit Hilfe von Glaslot gefügt wurden, konnten als Prototypen eingesetzt und bei einem Systemdruck von 8 bar auf ihre Leistungsfähigkeit untersucht werden. Zur Integration der Mikrowärmeübertrager in die Versuchsanlage wurde die Anschlusstechnik für die Medienzuführung und –abführung erarbeitet. Der Mikrowärmeübertrager Typ 1, der aus zwei Kanalplatten pro Passage aufgebaut wurde, konnte zur Abkühlung von 95°C warmem Wasser eingesetzt werden. Dabei wurden für einen Kaltwasser-Massenstrom von 12,6 kg/h ein Wärmeübertragerwirkungsgrad von 0,19 und maximale Wärmedurchgangskoeffizienten bis 15 kW/m² K erreicht.

Ceramic Feedstocks for Low-pressure Injection Moulding for the Fabrication of Components Used in Micro Chemical Engineering

Abstract
For the near net shape manufacturing of ceramic microcomponents, the influence of composition and preparation on the shaping and sintering behaviour of alumina feedstocks was investigated. In addition to the preparation and rheological characterization of the feedstocks, for the first time multilayered, functional micro heat exchangers were manufactured that were completely made of ceramics. The performance of the micro heat exchangers was experimentally investigated and evaluated.

The material specific requirements for the manufacture of the complex, ceramic microfluidic components were systematically developed. Feedstocks with high solid contents, based on two different binder systems (Siliplast LP65 and Brij 72/Paraffin) and three different alumina powders or powder mixtures, respectively, were prepared and their rheological properties were studied. By varying particle size, organic binder system, solid content and temperature, the rheological properties of the feedstocks could be significantly modified.

From feedstocks of both binder systems, micropatterned components and tiny, detailed test patterns could be fabricated with comparable high moulding precision at aspect ratios of up to five. The properties of the sintered components such as linear shrinkage, density and microstructure were systematically investigated. Ceramic micropatterned components with densities of up to 98% of the theoretical density were obtained. Linear shrinkages of only 8.2% were determined for feedstocks with a solid content of 74.8 vol%, and shrinkages of 11.0 – 12.5% were obtained for powder loadings of 65.0 vol%.

The complex set-up of the ceramic counterflow heat exchangers was geometrically designed. Moreover, on the basis of simplified computer simulations their theoretical efficiency was estimated. The individual microstructured parts of the heat exchangers were manufactured by using a low-pressure injection moulding process.

Methods for joining both, green bodies and sintered components were developed for the setup of complex, microfluidic ceramic systems. During the development of a joining method for green bodies only one binder system turned out to be suitable. Micro heat exchangers based on joining of green bodies were successfully tested for leaks up to a pressure of 5 bar. Other micro heat exchanger prototypes were constructed by joining the sintered components with glass solder. These devices withstood system pressures of up to 8 bar and were investigated regarding their heat exchange performance. For the media supply and to integrate the heat exchanger into a pilot plant set-up a suitable fluidic connection technique was developed. The micro heat exchanger type 1, consisting of two microchannel plates per passage, was successfully applied to the cooling of hot water (approx. 95°C) by using cold water of approx. 11°C as coolant. A maximum overall heat transfer coefficient of 15 kW/m² K and a heat exchanger efficiency of 0.19 for throughputs up to 12.6 kg water/h were achieved.

VOLLTEXT

BIBLIOTHEK