Forschungszentrum Karlsruhe - Wissenschaftliche Berichte – FZKA 7099

Absolutbestimmung der 12C(α,γ )16O-Rate im Energiebereich um 1 MeV

Ralf Plag

Zusammenfassung
Die 12C,γ)16O-Reaktion wird oft als die wichtigste Reaktion in der Nuklearen Astrophysik betrachtet, weil sie zusammen mit der Tripel-Alpha-Reaktion, die aus drei Alpha- Teilchen Kohlenstoff bildet, das Verhältnis von 12C zu 16O nach dem Heliumbrennen bestimmt, das ein wichtiger Parameter für die weitere Sternentwicklung ist. Im astrophysikalisch relevanten Energiebereich um Ec.m.=300 keV beträgt der Wirkungsquerschnitt dieser Reaktion wegen der Coulombabstoßung der beiden Reaktionspartner jedoch nur ca. 10-17 b, so dass eine direkte Messung des Querschnitts auch in naher Zukunft unmöglich ist. Deshalb muss der Querschnitt bei höheren Energien bestimmt werden, um ihn anschließend in den astrophysikalisch relevanten Bereich zu extrapolieren.

Alle bisherigen Messungen im relevanten Energiebereich wurden ausschließlich mit Germanium-Detektoren durchgeführt und waren auf den Energiebereich oberhalb 870 keV beschränkt. Die niedrige Ansprechwahrscheinlichkeit der verwendeten Detektoren musste mit sehr intensiven Alpha-Strömen kompensiert werden, die wegen der extremen Belastung der verwendeten Proben zu erheblichen Unsicherheiten führen können. Eine Überprüfung dieser Daten mit einem völlig anderen Ansatz, der möglicherweise vorhandene systematische Fehler aufdecken könnte, stand bisher aus.

Deshalb wurde in dieser Arbeit eine unabhängige Messung mit dem aus 42 Modulen zusammengesetzten Karlsruher BaF2 Detektor durchgeführt. Die Effizienz des BaF2 Detektors von über 90% für einzelne Gamma-Quanten ermöglicht die Reduktion der Alpha-Ströme um mehr als einen Faktor 100 auf ca. 6 μA. Eine Beeinträchtigung der Proben, z.B. durch Absputtern von Probenmaterial, konnte bei dieser Intensität ausgeschlossen werden. Der Unterdrückung von Untergrundereignissen, vor allem aus der 13C(α,n)16O-Reaktion, spielt bei dieser Messung eine extrem wichtige Rolle. Diesem Problem wurde durch hoch angereicherte 12C-Proben, der Pulsung des Alpha-Strahls und mit einer aktiven Abschirmung des Detektors begegnet. Die hohe Granularität der Anordnung ermöglicht zudem die Bestimmung der für die Analyse wichtigen Winkelverteilungen.

Die Messung des Querschnitts erfolgte bei Ec.m.=1002, 1308, 1416 und 1510 keV. Die daraus extrahierten E1- bzw. E2-Anteile stimmen sehr gut mit den besten bisherigen Messungen überein, so dass Diskrepanzen zu früheren Ergebnissen ausgeräumt werden konnten. Für Übergänge mit einer 2-stufigen Kaskade, für die in diesem Energiebereich bisher noch keine Daten bekannt waren, wurde erstmals der Summenquerschnitt ermittelt. Außerdem konnten die bisher ermittelten S-Faktoren durch die Einbeziehung der Daten dieser Arbeit in eine R-Matrix-Analyse bestätigt werden.

Obwohl die Messung mit einer völlig neuen Methode in einem vergleichsweise kurzen Zeitrahmen durchgeführt wurde, konnte eine vergleichbare Genauigkeit wie in sehr viel langwierigeren Messungen mit Germanium-Detektoren erreicht werden, deren Potential inzwischen ausgereizt zu sein scheint. Dagegen kann die Sensitivität der Messung mit dem BaF2 Detektor durch verschiedene Maßnahmen noch weiter gesteigert werden, so dass der zugängliche Energiebereich bis auf 750 keV ausgedehnt werden kann.


Measurement of the 12C(α,γ) 16O-rate near 1 MeV

Abstract
The 12C,γ)16O-reaction is often considered as the most important process in nuclear astrophysics since it determines the ratio of 12C to 16O during stellar Helium burning. Together with the triple-alpha-process this is a crucial parameter for the following evolution of the star.

Due to the Coulomb repulsion, the cross section in the astrophysical energy range at Ec.m.=300 keV is about 10-17 b. This extremely small value implies that a direct measurement remains impossible in the foreseeable future. For this reason, the cross section has to be measured at higher energies and needs to be extrapolated to the interesting energy range.

So far, all relevant measurements have been performed with Germanium detectors and were restricted to energies above 870 keV. The low gamma-ray efficiency of these detectors had to be compensated by very intense beam currents, which may cause considerable uncertainties due to severe target degradation. A verification of these data with a completely different approach, which could reveal systematic uncertainties was still missing.

The realization of such an independent measurement is subject of this thesis and was performed with the Karlsruhe BaF2 array, which consists of 42 independent detector modules. Due to the high efficiency of more than 90% for single gamma-rays the beam current could be reduced by more than a factor of 100. The experiment was carried out with an average current of 6 µA thus minimizing the thermal load of the target and avoiding sputtering effects.

The suppression of background especially from the 13C(α,n) 16O-reaction plays a crucial role for this measurement. Background events were therefore suppressed by the use of highly enriched 12C, a pulsed alpha beam and an active shielding. The measurement of angular distributions, which are necessary for the extrapolation of the cross section, could be easily accomplished due to the high granularity of the detector.

The cross section was measured at Ec.m.=1002, 1308, 1416 and 1510 keV. The resulting E1- and E2-contributions being in perfect agreement with the best previous measurements helped to resolve discrepancies in previous data. The cross section for transitions with two- step cascades was obtained for the first time in this energy region. Previously extrapolated S-factors were confirmed by an R-matrix analysis based on the new data.

Even though the measurement has been performed in a relatively short period of time, the achieved precision is comparable to long-lasting experiments with Germanium detectors. While the potential of these conventional setups seems to be exhausted, the sensitivity of the measurement with the BaF2 detector can be further increased. By several improvements the available energy range can be extended down to 750 keV.

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