Forschungszentrum Karlsruhe - Wissenschaftliche Berichte – FZKA 7186
Entwicklung hochfester Net shape Oxidkeramiken im
System Al2O3-SiO2-ZrO2
Holger
Geßwein
Zusammenfassung
Im Rahmen dieser Arbeit wurde ein
Reaktionssinterprozess für die Herstellung von dichtgesinterten
Oxidkeramiken im System Al2O3-SiO2-ZrO2 entwickelt, bei dem als reaktive Komponenten anstatt der
reinen Metalle intermetallische Verbindungen wie ZrAl3,
ZrSi2 und Zr2Si verwendet werden.
Während des Reaktionssinterns in Umgebungsluft werden die
intermetallischen Verbindungen zu ZrO2, Al2O3 und SiO2 oxidiert.
Das neu gebildete Al2O3 reagiert mit SiO2 zu
Mullit (3Al2O3·2SiO2). Die
Oxidationsreaktionen und die Mullitbildung sind jeweils
mit einer Volumenvergrößerung verbunden, die den Sinterschwund vollständig kompensieren kann. Um die Verdichtungseigenschaften der
Ausgangspulvermischungen zu verbessern, wurde zusätzlich ein Si-Harz als
so genannter low loss Binder verwendet. Im
Vergleich zu konventionellen Bindern werden diese nicht vollständig
ausgebrannt, sondern nach der Pyrolyse verbleibt
ein keramischer Rückstand, was den Sinterschwund ebenfalls verringert. Durch den relativ hohen Gehalt an
organischem Binder ist eine Bearbeitung im
Grünzustand möglich. Daher können auch in einem für die Mikrosystemtechnik relevanten Dimensionsbereich komplex geformte
Grünkörper hergestellt werden, die durch den Reaktionsbindeprozess exakt
wiedergegeben werden. Durch eine Variation des
Zr/Al/Si-Verhältnisses sind verschiedene Phasenzusammensetzungen in dem
ternären Oxidsystem Al2O3-SiO2-ZrO2 herstellbar.
Es wurden verschiedene Keramiken in den Systemen Al2O3-ZrO2, Mullit-ZrO2 und
Al2O3-Mullit-ZrO2 hergestellt
und charakterisiert. Der Reaktionssinterprozess wurde mit thermischen Analysemethoden (TG/DSC) und der Dilatometrie untersucht. Außerdem wurde die Phasenentwicklung während des Reaktionssinterns
anhand von Röntgenpulverdiffraktogrammen quantitativ
bestimmt. Aufgrund einer dichten Mikrostruktur weisen
reaktionsgesinterte Mullit-ZrO2 (45/55Vol.-%)
Keramiken biaxiale Festigkeiten von 630MPa auf. Dreiphasige reaktionsgesinterte Al2O3-Mullit-ZrO2 (25/45/30Vol.-%) Keramiken
zeigen vergleichbare Festigkeiten von 635MPa. Die höchsten Festigkeiten von 780MPa
zeigen reaktionsgesinterte Al3O3-ZrO2 (62/38Vol.-%)
Keramiken, bei denen der Sinterschwund jedoch nicht vollständig
kompensiert werden kann.
Das Oxidationsverhalten von ZrAl3-Pulver, das ein Hauptbestandteil der Grünkörper ist, wurde thermogravimetrisch untersucht. Nichtisotherme
und isotherme TG-Messungen wurden in einer multivariaten
nichtlinearen Regressionsanalyse ausgewertet, um ein geeignetes Zeitgesetz zu
finden, das den Umsatz des ZrAl3-Pulvers
über ein weites Temperatur-Zeit-Umsatz-Feld
beschreiben kann. Mit den ermittelten kinetischen Parametern wurde ein eindimensionales Modell für die
Oxidation von ZrAl3-Grünkörpern aufgestellt, das zusätzlich noch die Abhängigkeit der
Gesamtreaktionsrate von der Diffusion des gasförmigen Sauerstoffes durch die
poröse Feststoffmatrix und die Wechselwirkung von Energie- und
Massenbilanzen berücksichtigt.
Schließlich wurden erste Versuche zur Mikroformgebung
durch Prägen und spanabhebende Mikrostrukturierung kaltisostatisch
verdichteter Grünkörper durchgeführt, die das
Potenzial dieses Formgebungsverfahrens für die
entwickelten reaktionsgesinterten Keramiken aufzeigen.
Mögliche Anwendungsfelder dieser Strukturkeramiken
sind in der Mikrosystemtechnik und der Dentaltechnik zu finden.
Development of reaction sintered oxide ceramics in the
system Al2O3-SiO2-ZrO2
Abstract
This thesis
describes a modified reaction bonding process capable of providing reaction bonded oxide ceramics in the
system Al2O3-SiO2-ZrO2 with high density and zeroshrinkage. Instead of using pure metals intermetallic compounds like ZrAl3, ZrSi2 and Zr2Si
were used as reactive components.
During heat treatment in an
oxidizing atmosphere the intermetallics oxidize to ZrO2, Al2O3 and SiO2. The Al2O3 formed
thereby reacts with SiO2 to form mullite (3Al2O3·2SiO2). The
oxidation reactions and the mullite formation are
associated with a volume
expansion which effectively compensates the sinter shrinkage. To improve the compactibility of the starting powder siloxanes
are used as so-called low-loss binders. Compared to binders that are
usually applied this type of binder does not totally burn out during the pyrolysis
but is partially ceramised so that the sinter
shrinkage is further reduced. The relatively high amount of organic binder
in the precursor compacts makes easy green machining possible. So even complex shapes
can be formed in the green state and can be reproduced exactly by the reaction bonding
process. By adjusting the intial Zr/Al/Si ratio composites belonging to
different phase fields in the ternary oxide system Al2O3-SiO2-ZrO2 can be produced.
Different starting powder
compositions which result in the formation of Al2O3-ZrO2, mullite-ZrO2 and Al2O3-mullite-ZrO2 composites were fabricated and investigated. Simultaneous thermal analysis and dilatometry were used to investigate the processes occuring during reaction bonding. Phase changes
during reaction bonding were studied by quantitative X-ray powder diffractometry.
Due to their dense microstructure reaction bonded 55/45 (vol.-%) mullite-ZrO2 composites exhibit biaxial flexure strengths up to 630MPa. Reaction bonded Al2O3-mullite-ZrO2 composites (30/25/45 vol.-%) show
biaxial flexure
strengths of 635MPa.
The oxidation behavior
of the main component of the green bodies ZrAl3 has been studied
using thermogravimetry. Nonisothermal
and isothermal measurements were simultaneously used in a multivariate
non-linear regression analysis to determine the most appropriate rate law. The
kinetic rate law is incorporated in a more detailed model describing the oxidation of
ZrAl3 green bodies and taking into account energy and material balances.
In preliminary tests the
potential for micro patterning of cold isostactically
pressed green bodies
through embossing and shape cutting was established. These engineering ceramics could be applied in the fields of microtechnology or dentistry for example.