Forschungszentrum Karlsruhe - Wissenschaftliche Berichte - FZKA 7277 

Kohlendioxidemissionen einer Sonderabfallverbrennungsanlage

Tim Reinhardt, Ulf Richers, Horst Suchomel

Zusammenfassung
Das Kyoto-Protokoll von 1997 sieht als verbindliches Gesamtziel die Emissionsminderung klimawirksamer Gase vor; für die Industriestaaten wurden individuelle Minderungsziele festgelegt. Außerdem ist ein Handel mit zertifizierten Emissionsreduktionen als ökonomischer Mechanismus zum Erreichen dieser Minderungsziele ein weiterer Bestandteil des Kyoto-Protokolls. Die Grundlage für ein Handelssystem mit Treibhausgasemissionszertifikaten in Europa wurde mit der Richtlinie 2003/87/EG  geschaffen. Die Umsetzung der Richtlinie erfolgte in Deutschland durch das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz (TEHG) sowie ergänzende Gesetze und Verordnungen. Abfallverbrennungsanlagen werden zwar von diesem Gesetz bislang nicht erfasst, eine spätere Berücksichtigung ist allerdings möglich. Grundsätzlich wird aber auch die Abfallwirtschaft zukünftig verstärkt im Zusammenhang mit dem Treibhauseffekt und der Rohstoffproblematik diskutiert werden.

In diesem Zusammenhang kommt dem Anteil sog. regenerativer Materialien im Abfall eine große Bedeutung zu. Die Verbrennung dieser Materialien wird als CO2-neutral angesehen und die resultierenden CO2-Emissionen müssen nicht durch Emissionszertifikate gedeckt werden. Da sich aber die Zuteilung der Emissionszertifikate am Umfang der gesamten CO2 -Emissionen orientiert, können nicht benötigte Zertifikate am Markt veräußert werden.

Der Anteil regenerativer Materialien im Hausmüll beträgt bis zu 65 % (bezogen auf die Feuchtsubstanz); sie stellen 50 - 60 % des Kohlenstoffinventars. Entsprechende Information für Sonderabfälle fehlen bislang. Um einen besseren Überblick über die Situation bei der Sonderabfallverbrennung zu erhalten, wurde ein Forschungsprojekt an der Anlage der HIM GmbH in Biebesheim durchgeführt. Diese Anlage mit einer Gesamtkapazität von ca. 16 t/h verfügt über 2 identische Verbrennungslinien. Diese sind jeweils mit einer Drehrohrfeuerung, einer Nachbrennkammer und einem Kessel ausgestattet. Die Rauchgasreinigung umfasst Sprühtrockner, Elektrofilter, ein vierstufiges Wäschersystem und ein Flugstromverfahren.

Im Rahmen des durchgeführten Projekts wurden über einen ausgedehnten Zeitraum die CO2-Emissionen gemessen und der Abfallinput in die Verbrennungsanlage gesichtet. Für die Berechnung der Kohlenstoffbilanz wurde der Bedarf an Hilfschemikalien in der Rauchgasreinigung, der Heizölverbrauch und die Emissionen anderer kohlenstoffhaltiger Substanzen berücksichtigt. In weiteren Untersuchungen wurde der Anteil an regenerativen Materialien im Sonderabfall mit Hilfe der 14C-Analytik experimentell bestimmt.

Hochgerechnet auf ein vollständiges Betriebsjahr resultiert aus der Verbrennung von 123.204 t Sonderabfall eine als CO2 emittierte Kohlenstoffmenge von 24.177 t pro Jahr. Aus der Kohlenstoffbilanz ergibt sich ferner, dass nur 230 t Kohlenstoff als Heizöl oder als Additiv der Rauchgasreinigung in den Bilanzraum eintreten, so dass der überwiegende Anteil des Kohlenstoffs dem verbrannten Abfall zugeordnet werden kann. Der Massenanteil des Kohlenstoffs im verbrannten Sonderabfall (bezogen auf die Feuchtsubstanz) beträgt rund 20 % (Restmüll: 20 – 30 %).

Auf der Basis der  14C-Analyse ergibt sich, dass der Anteil des regenerativen Kohlenstoffs am Gesamtkohlenstoff im verbrannten Sonderabfall im Bereich von 10 % liegt. Unter Berücksichtigung des im Vergleich mit Kunststoffen und anderen Materialien aus fossilen Rohstoffen geringeren Massenanteils von Kohlenstoff in erneuerbaren Materialien kann ein Anteil von bis zu 8 % des Inputs als regenerativ klassifiziert werden. Für die betrachtete Anlage konnte kein Ansatzpunkt für eine direkte Minderung der Kohlendioxidemissionen identifiziert werden.

Carbon Dioxide Emissions and Carbon Balance of a Hazardous Solid Waste Incineration Plant

Abstract
The Kyoto-Protocol defines global as well as individual binding goals for the reduction of so called "green-house-gas" emissions. Trading of certificated emission rights is one of the instruments to achieve these goals. Within the EU, trading of certificated emission rights is regulated by the directive 2003/87/EU. In Germany, this directive was transferred into national legislation by release of the Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz (TEHG) and additional laws and ordinances. At time, waste incineration plants are not subject of these regulations, but have to be considered as possible in the near future. Nevertheless, waste management has to be discussed in regard of its contribution to the greenhouse effect and in the context of the sustainable management of resources.

In this situation the knowledge of the amount of so called renewable materials in waste to be incinerated is essential: The incineration of renewable materials is regarded as "CO2-neutral" and certificated emission rights are not necessary. Since certificated emission rights are allocated on the basis of the total CO2 emission, not required emission rights can be sold at the market.

The amount of renewable material within municipal solid waste is in the range of 65 % - representing 50 - 60 % of the total carbon. Suitable information for hazardous waste is not available yet. To get a better idea about the situation regarding hazardous waste incineration, an investigation had been performed at the plant of the HIM GmbH in Biebesheim, Germany. This plant has two identical incineration lines for hazardous waste with a total capacity of about 16 t/h. Each line is equipped with a rotary kiln furnace, followed by a secondary combustion chamber and a boiler. The flue gas cleaning is performed by means of a spray-dryer, an electrostatic filter, a four stage scrubber system and an entrained flow reactor system.

In this investigation, carbon dioxide emissions have been measured and the waste input materials were monitored. For calculating a carbon balance the need of auxiliary chemicals in the flue gas cleaning system, the consumption of fuel oil and the emissions of other carbon containing substances had to be considered. In an additional experiment, the classification of the amount of renewable materials in hazardous waste was performed by measuring the fraction of 14C in the emitted carbon dioxide.

The data for the carbon mass balances were collected over a longer period. Calculated for a whole year of operation a total amount of 123.204 t hazardous waste had been incinerated and about 24.177 t of carbon was emitted as carbon dioxide. Since only about 230 t of carbon entered the system as fuel oil or additive, most of the carbon derived from waste material. Based on this balance the total amount of carbon in hazardous waste was calculated to be about 20 % (residual household waste: 20 – 30 %).

On the basis of 14C-measurement the amount of renewable carbon in the emitted carbon-dioxide was determined to be about 10 %. Taking into account the wider range of carbon in renewable organic matter – compared to plastics and other materials arising from fossil carbon sources – a fraction of up to 8 % of the waste input can be classified as renewable.

The work carried out showed no possibilities for directly accessible reductions of carbon dioxide by optimization of plant operation, for example by reducing the consumption of fuel oil or carbon containing additive, which is used in the flue gas cleaning system.

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