Forschungszentrum Karlsruhe - Wissenschaftliche Berichte - FZKA 7308 

Goldgalvanik in der Mikrosystemtechnik Herausforderungen durch neue Anwendungen

Nina Dambrowsky, Joachim Schulz

Zusammenfassung
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden neue Einsatzfelder für die sulfitische Goldgalvanoformung realisiert. Im Fokus der Elektrolytentwicklungen standen Material- und Eigenschaftsforderungen von Anwendungen verschiedener Strukturierungsverfahren, vornehmlich LIGA. So konnten die Prozessgrenzen wie minimale Strukturbreiten, maximale Strukturhöhen, Deckfähigkeit und Schichtdickenhomogenität der bisher verwendeten Goldgalvanik für Absorberstrukturen von Röntgenmasken erweitert werden. Dies eröffnete Möglichkeiten, die hervorragenden Eigenschaften des Goldes wie sehr gute Leitfähigkeit, hohe Duktilität, beste Korrosionsbeständigkeit und uneingeschränkte Legierbarkeit für metallische Bauteile bzw. Strukturen der Mikrooptik, der Mikrofluidik und der Mikromechanik zu nutzen.

Die neuen Anforderungen an das Material Gold und an den Goldgalvanikprozess konnten durch grundlegende werkstoffwissenschaftliche Betrachtungen sowie durch die Analyse und Bewertung verschiedener Einflussgrößen und zugehöriger Stellgrößen des sulfitischen Goldelektrolyten erfüllt werden.

Mit veränderten Prozessparametern wie dem Zulegieren von Kornfeinern, der Reduzierung der Elektrolyttemperatur oder gepulsten Strömen erfolgte die Herstellung von Mikrostrukturen mit Strukturbreiten bis zu minimal 400 nm bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung hoher Aspektverhältnisse von etwa zehn. Gleichzeitig konnten die Deckfähigkeit erhöht und Schichtdickenschwankungen über die gesamte Galvanikfläche sowie innerhalb unterschiedlich breiter Strukturen reduziert werden. So konnten auch für mikrogalvanisch abgeschiedenes Gold ungewöhnlich hohe, aber LIGA-typische Schichtdicken von einigen hundert Mikrometern erreicht werden.

Die Erhöhung der Festigkeit erforderte neben einer neuen Prozessführung das Zulegieren eines Kornfeiners und eines Mischkristallhärters, welches Vickershärten bis zu 300 HV statt bisher 70 HV als Hinweis für die Festigkeit der Legierung ergibt. Durch das Erhöhen der mechanischen Festigkeit konnte im Vergleich zu Reingoldstrukturen auch ein gratfreies mechanisches Endbearbeiten auf einer Ultrapräzisionsfräse zur exakten Einstellung der Sollhöhe qualifiziert werden. Diese Härte bzw. Festigkeit ohne Verlust des dekorativen Charakters der Goldlegierung erwies sich für den dauerhaften Einsatz in mechanischen Uhrenbauteilen als ausreichend und führte zu einem Kundenserienauftrag für „Anker und Ankerrad aus Gold“ eines Schweizer Uhrenherstellers.

Die erreichte Formstabilität durch geringfügige Legierungszusätze (Au-Gehalt > 99 %) bei gleichzeitig relativ hoher elektrischer Leitfähigkeit des Goldes konnte mit leichten Modifikationen zur Herstellung von miniaturisierten RF-MEMS-Bauteilen und metallischen Bandpassfiltern für Licht im Infrarot-Wellenlängenbereich genutzt werden. Neben den Eigenschaftsforderungen aus der LIGA-Technik wurde auch eine neuartige Verfahrenskombination zur Herstellung von Elektroden für die Überwachung von Leberzellen in mikrothermogeformten, dreidimensionalen Zellcontainern erarbeitet. Nach einer lokal begrenzten Bekeimung der modifizierten Oberfläche einer Kunststofffolie wird diese durch eine dreidimensionale Verstreckung mikrostrukturiert (mikrothermogeformt). Anschließend werden die bekeimten Bereiche stromlos mit einer autokatalytischen Goldabscheidung zu Elektroden aufgebaut. Dieses mehrstufige, nun patentierte Verfahren erlaubt es, strukturierte, leitfähige Goldschichten als Elektroden haftfest aufzubringen. Die Idee, in weiten Bereichen gleichbleibende Legierungseigenschaften über Ordnungserscheinungen einstellen zu können, wurde an einem exemplarischen, schmelzmetallurgisch vollständig mischbaren binären System (Gold-Palladium) verfolgt. Dazu wurde zunächst ein Gold-Palladium-Elektrolyt so entwickelt, dass der gesamte Konzentrationsbereich elektrolytisch abgeschieden werden kann. Der Prozess wurde dahingehend beeinflusst, energetisch begünstigte Anordnungen zuzulassen. Aus Beugungsdiagrammen konnte dann für einen bestimmten Konzentrationsbereich eine Ordnungserscheinung des Typs AB3 abgeleitet werden. Das Nichterfüllen der Vegardschen Regel bestätigt die diffraktometrischen Untersuchungen. Die abgeschiedene Ordnungserscheinung weist eine sprunghaft angestiegene und gleichbleibende Härte auf. Somit erweisen sich die nanoskaligen Ordnungserscheinungen als ausschlaggebend für die makroskopischen Eigenschaften der Schichten und können diese über einen bestimmten Konzentrationsbereich maßgeblich beeinflussen.

Gold plating in microsystem technology – challenges by new applications

Abstract
This thesis presents a broad development in materials and electrolytes to approach new fields of applications for sulfitic gold electroplating within the LIGA micro patterning process. Limiting factors in processing X-ray mask absorbers, such as critical dimension, maximum structure height, covering capacity, and layer thickness homogeneity, were improved. The application of outstanding properties of gold, including its very high conductivity, high ductility, excellent corrosion resistance, and unlimited potential to form alloys, could therefore be extended beyond mask absorbers, e.g. to metallic parts in micro optics, micro fluidics, and micro mechanics.

New requirements with respect to materials properties and the fabrication process were met by an analysis and evaluation of various parameters and control variables of the sulphite gold electrolyte while applying fundamental considerations in materials science.

Modified process parameters such as alloying of grain refiners, reduced process temperature, and pulse plating current allowed the fabrication of microstructures with a minimum line width of 400 nm at an aspect ratio of approximately 10. At the same time, the covering capacity was improved and the variations in layer thickness were reduced within the entire plating area as well as within structures of different line width. Thus, micro electroplated gold was deposited up to an outstanding thickness of several hundred micrometers which coincides with typical thicknesses for LIGA-made polymer templates.

New process parameters and alloying of a grain refiner and a solid solution hardener led to a higher strength as suggested by an increase in the material’s Vickers hardness from 70 HV to 300 HV.

The higher mechanical strength compared to pure gold furthermore allowed burrless ultraprecision milling to be used for an exact control of the desired height. Maintaining decorative properties at enhanced hardness / strength enabled long-term application as mechanical watch parts and led to a series production of “lever and escapement wheel made of gold” for a Swiss watch manufacturer.

Minor alloying amounts (Au content > 99 %) led to good dimensional stability at relatively high electrical conductivity. In combination with a modified process, this was applied for RFMEMS components and band-pass filters in the infrared wavelength regime.

Control of liver cells in micro thermoformed three-dimensional cell containers was achieved by a novel processing sequence consisting of seeding with defined, stretchable seed density on polymeric foils and currentless autocatalytic gold deposition. This multi-step process was patented to pattern conductive gold electrodes adhering to such containers.

An additional goal was to demonstrate that alloying properties can be controlled over large concentration variations of the electrolyte, independently of the process parameters. In the binary gold-palladium system, the two metals form a continuum of solid solution. An AuPd electrolyte was developed that allowed the deposition of the entire concentration regime of the binary system. The deposition process was modified in order to get configurational short range order. Diffraction diagrams for a certain concentration range revealed an AB3-type short range order. The lattice constant in this range does not change within the error of measurement. This corresponds to a violation of Vegard’s rule for continuous binary alloys, an additional indication of the existence of the short range order. The constant lattice parameter for the mentioned range of concentrations correlates with an increased and constant hardness for the concentration range which reveals an AB3-type short range order. When there is no short range order, the hardness decreases drastically. The nanoscale order therefore dominates the macroscopic film properties.

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