Forschungszentrum Karlsruhe - Wissenschaftliche Berichte - FZKA 7313
Roland Kappel
Zusammenfassung
Die Krone des
Leichtbaus ist das Zugseil. Natürliche Konstruktionen verwenden bevorzugt Zugseile,
auch wenn diese auf den ersten Blick nicht immer als solche erkennbar sind.
Während bei Biegebelastung das Material im Bereich der Neutralen Faser nicht oder
nur wenig belastet wird und bei schlanken Strukturen unter Druckbelastung
zusätzliches Material gegen Versagen durch Knicken oder Beulen erforderlich
ist, wird das Zugseil über seinen gesamten Querschnitt bis zum Erreichen der
Zugfestigkeit gleichmäßig ausgelastet.
In der Natur zwingt die Evolution Pflanzen
und Tiere, Energie und Material möglichst effizient einzusetzen. Ihre
mechanische Belastbarkeit hängt sowohl von den Materialeigenschaften und den
Belastungen selbst ab, als auch von der Form und dem konstruktiven Aufbau,
sowie dem Versagensmechanismus der Gesamtstruktur.
Tiere und Pflanzen verwenden Zugseile nicht
nur bei reiner Zugbeanspruchung, sondern auch Druck- und Schubbelastungen
werden häufig durch eine trickreiche Anordnung von konstruktiven Zugseilen
abgefangen. In dieser Arbeit werden unterschiedlichste natürliche Strukturen
untersucht, offensichtliche und versteckte Zugseile in der Natur aufgezeigt und
ihr Wirkprinzip erläutert. Für die verschiedenen Wirkprinzipien werden mögliche
technische Umsetzungen vorgestellt und zu der Methodik „In Seilen
denken“ für Leichtbaukonstruktion zusammengefasst.
Tension Ropes in Nature
Abstract
The crown of lightweight construction is the tension rope. Under
bending load, the material in the area of the neutral fiber is not or only
slightly loaded. In slender structures under compression load, additional
material has to be applied to prevent failure by buckling. In contrast to this,
the tension rope is loaded homogeneously over its complete cross section until
tensile strength is reached.
In nature, evolution forces plants and animals to most efficient
application of energy and material. Their mechanical loadability depends on
material properties and loads, on the shape and constructive setup as well as
on the failure mechanism of the complete structure.
Natural constructions preferably apply tension ropes, even though these
cannot always be recognized at first sight. Animals and plants do not only
resist pure tension loads with tension ropes, but also compression and shear
loads are often absorbed by a tricky arrangement of tension ropes.
The present paper will analyze various natural structures, present obvious
and hidden tension ropes in nature, and explain their action principle. For
these different action principles, potential technical implementations will be
presented and summarized by the methodology of „thinking in ropes“
for lightweight constructions.
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