Forschungszentrum Karlsruhe - Wissenschaftliche Berichte - FZKA 7385
Trendbestimmung
stratosphärischer Spurengase mit Hilfe bodengebundener FTIR-Messungen
Sabine Mikuteit
Zusammenfassung
Gegenstand dieser
Arbeit sind Zeitreihen stratosphärischer Spurengase, abgeleitet aus Daten
bodengebundener FTIR (Fourier-Transformations-InfraRot)-Messungen. Hierfür
werden in Kiruna (67,84° N, 20,41° O) seit 1996 kontinuierlich Messungen im Rahmen
des NDACC (Network for the Detection of Atmospheric Composition Change) durchgeführt.
Aus diesen Messungen werden Profile und Zenitsäulengehalte zahlreicher Spurengase
abgeleitet. Der Schwerpunkt in dieser Arbeit liegt auf den im Wesentlichen stratosphärischen
Spezies ClONO2, HCl, HF, HNO3 und O3. Da sich
die ausgewerteten Zeitreihen auf über 10 Jahre erstrecken, bieten sie eine gute
Möglichkeit zur Ableitung von Trends.
Vor der Trendbestimmung erfolgte zunächst
die Ableitung der Mischungsverhältnisse bzw. Säulendichten aus den einzelnen
gemessenen Spektren. Um Unstimmigkeiten innerhalb der Zeitreihe aufgrund
unterschiedlicher Auswerteparameter zu vermeiden, wurden zunächst die Daten
jeder Spezies einheitlich ausgewertet, selbst wenn vereinzelt bereits alte
Auswertungen zur Verfügung standen. Vor allem ClONO2 ist aufgrund
seiner schwachen Signatur ein problematisches Spurengas. Deshalb wurde im Vorfeld
die Auswertestrategie mehrmals modifiziert, bis eine endgültige Strategie
festgelegt wurde.
Da die Messungen kontinuierlich und stationär
erfolgen, eignet sich der vorhandene Datensatz auch gut zur langfristigen
Satellitenvalidierung. So wurden die Daten des FTIR in Kiruna u. a. für die
Validierung des Instruments MIPAS an Bord des Satelliten ENVISAT verwendet. Es
wurden sowohl Teilsäulengehalte als auch Profile verglichen. Die gute Übereinstimmung
der Ergebnisse mit MIPAS und den anderen Validierungsexperimenten stellten
somit gleichzeitig eine Qualitätskontrolle der Daten des FTIRs dar.
Alle Spezies weisen aufgrund der Lage der
Station in den polaren Breiten mit starken chemischen und dynamischen Effekten
eine große jahreszeitliche Variabilität auf. Die Berücksichtigung des
jeweiligen Jahresgangs für die Trendableitung erfolgte mittels verschiedener
Verfahren. Neben der Analyse mit der "Bootstrap-Methode" einer statistischen
Trend-Analyse-Methode, welche unabhängig von Annahmen über die Anfangsverteilung
der Residuen ist, wurden die Zeitreihen auch desaisonalisiert, es wurden Jahresmittel
gebildet und auch die berücksichtigten Monate wurden eingeschränkt. Vergleiche
mit den Zeitreihen des Modells KASIMA zeigen, dass die vorhandenen Messlücken
(z. B. Polarnacht) zu keiner wesentlichen Trendänderung führen. Gleiches gilt für
die Zeitreihen der FTIR-Station auf dem Jungfraujoch, mit der die
Trendergebnisse verglichen wurden.
Die Chlorreservoirgase (ClONO2
und HCl) zeigen eine signifikante Abnahme im Verlauf der letzten 10 Jahre an
beiden Stationen, wobei diese für ClONO2 in Kiruna deutlich stärker
ist. Der HF-Säulengehalt steigt weiterhin signifikant an, wenn auch deutlich schwächer
als in früheren Jahren. Zusätzlich zeigen die HF-Trends, die aus den einzelnen
Monaten abgeleitet wurden, einen signifikanten Verlauf mit stark erhöhten
Werten im Januar. Für HNO3 ergibt sich keine Änderung während der
letzten 10 Jahre. Neben den Chlor-Spezies zeigt sich auch an O3 der
Erfolg der politischen Abkommen, denn im Gegensatz zu früheren Zeitreihen gibt
es keine signifikante stratosphärische O3-Abnahme mehr. Die Teilsäulen-Analyse
für Kiruna ergibt in den Schichten unterhalb von 20 km Höhe eher abnehmende und
darüber eher zunehmende Werte. Eine signifikante Änderung zeigt jedoch
lediglich die Teilsäule oberhalb ca. 28 km Höhe mit einer Zunahme von ca. +1%
pro Jahr.
Zusätzlich konnten in den
desaisonalisierten Zeitreihen erstmals Anomalien für beide Stationen beobachtet
werden, welche bisher nur für O3 untersucht wurden und welche nicht
mit den gängigen Faktoren (quasi-zweijährige Schwingung, 11-Jahreszyklus,...) erklärbar
sind. Die Tatsache, dass diese Anomalien in fast allen untersuchten Spezies auftreten,
zeigt, dass es sich um ein dynamisches Phänomen handelt.
Determination of trends of stratospheric trace gases derived
from ground-based FTIR-measurements
Abstract
This study deals with stratospheric trace gases, derived from
groundbased FTIR-measurements (Fourier-Transform-InfraRed). In the framework of
the NDACC (Network for the Detection of Atmospheric Composition Change)
long-term measurements are performed continuously by the IMK (Institute for
Meteorology and Climate Research) in Kiruna (Sweden) since 1996. Based on these
measurements profiles and column amounts of numerous trace gases such as ClONO2,
HCl, HF, HNO3 and O3 are derived. With a length of more
than 10 years, these time series provide a good opportunity for the
determination of trends.
First, each species was evaluated consistently to avoid differences within
the time series caused by different data analysis parameters. In order to get
reliable results in spite of its weak signatures, several attempts were made to
improve the retrieval strategy of ClONO2, before a final strategy
was chosen.
Since measurements are recorded routinely and stationarily, this dataset
is very suitable for long-term satellite validations. So, this dataset has been
used amongst others to validate the instrument MIPAS onboard ENVISAT. Both, profiles
and partial column amounts have been compared. Good agreement of the results
with MIPAS as well as with other validation experiments also attests the
quality of the FTIR-data.
Due to the geographical location of the station in polar regions with
strong chemical and dynamical changes, all species show large seasonal
variabilities. To derive trends of these time series, several methods
considering the seasonal cycle were compared. In addition to the so-called "Bootstrap
Resampling Method", a statistical trend analysis method, without making
assumptions of the distribution of the residuals, the deseasonalisation-method,
yearly means, and a method, where the considered months are limited, were used.
Comparisons with the model KASIMA show for Kiruna as well as for the time series
of the FTIR-station upon the Jungfraujoch, that existing gaps in the time
series (e.g. polar night) have no strong influence on the trend-result.
The chlorine reservoir species (ClONO2 and HCl) both show a
significant decrease during the last 10 years for both stations, whereas the
decrease is stronger for ClONO2 in Kiruna. HF-columns continue
increasing but clearly weaker than before. Additionally HF-trends derived for
each month show a significant seasonal cycle. HNO3 shows no change
during this period. Not only chlorine but also O3 shows the success
of the political amendments, because the significant decrease in former
time-series of O3 has been stopped. Partial columns of Kiruna show
that layers below 20 km height still tend to decrease whereas layers above show
an increase. Only the column above 28 km height shows a significant result with
an increase of approx. +1% per year.
Additionally, the deseasonalised time series show noticeable anomalies for
both stations, which only have been examined for O3 before, and
which are not explainable by other factors like e.g. quasi-biennial oscillation
or solar cycle. The fact that nearly all species show these anomalies supports
the presumption of a dynamical phenomenon.
VOLLTEXT
BIBLIOTHEK