Zellporation in der Weinbereitung

 

 

Dr. Jürgen Sigler

Staatliches Weinbauinstitut Freiburg, Abteilung Oenologie

Merzhauser Str. 119, D-79100 Freiburg im Breisgau, Germany

Tel.: +49 (0) 761 / 40165-36; Fax: +49 (0) 761 / 40165-70

juergen.sigler@wbi.bwl.de

 

Dr. Christoph Schultheiss, Hanns-Günther Mayer*

Forschungszentrum Karlsruhe GmbH, Institut für Hochleistungsimpuls- und Mikrowellentechnik,

*Stabsabteilung Marketing, Patente und Lizenzen, Postfach 3640, D-76021 Karlsruhe, Germany

Tel.: +49 (0) 7247 / 82-4384 bzw. -3602; Fax: -5523

christoph.schultheiss@ihm.fzk.de

 

Martin Kern

Lutz & Kern, Saarstrasse 4, D-68753 Waghäusel-Kirrlach, Germany

Tel.: +49 (0) 7254 / 95044-0 / Fax: -1

martinkern@lutzundkern.de

 

Zusammenfassung

 

Die Zellporation durch elektrische Felder ist ein in der Weinbereitung völlig neuartiges Verfahren der Trauben- und Maischebehandlung, welches insbesondere erlaubt, die Inhaltsstoffe der Beerenhaut wirkungsvoll und schonend zu extrahieren.

 

Durch Beaufschlagen einer Maische mit einer Anzahl sehr kurzer Hochspannungspulse werden die Poren in den Membranen der Beerenhautzellen irreversibel geöffnet. Wertgebende Inhaltsstoffe wie Farb-, Gerb- und Aromastoffe werden auf diese Weise einer ebenso schnellen wie schonenden Diffusion und Extraktion zugänglich gemacht. Bei zellporierter Maische verbessert sich darüber hinaus die Abpressbarkeit, wodurch bei reduzierter mechanischer Belastung ein inhaltsstoffreicher Most mit weniger Trub gewonnen werden kann.

 

Die elektrischen Potentiale, die kurzzeitig an jeder Zelle erzeugt werden müssen, liegen im Bereich von 10 V. Hierzu passiert die Maische eine Reaktionszone, in der an zwei Elektroden Pulse mit einer Feldstärke im Bereich 25 kV/cm und einer Wiederholfrequenz von 10 Hz erzeugt werden. Die erste Anlage dieser Art ist die mobile Karlsruher Elektroporationsanlage (KEA mobil) mit einer Verarbeitungskapazität von ca. 1 Tonne Maische pro Stunde. Eine weitere Anlage mit einem Durchsatz von 5 Tonnen pro Stunde wird in der Kampagne 2003 erstmals zum Einsatz kommen.

 

Die Vorteile dieses innovativen Verfahrens der Zellporation sind mehrschichtig. Bei der Rotmostbereitung ist eine Farbextraktion ohne Erhitzung innerhalb weniger Stunden möglich, wobei ein signifikanter Unterschied zwischen dem solchermaßen hergestellten Rotwein und der durch Maischeerhitzung bereiteten Kontrollvariante in vergleichenden Verkostungen nicht festgestellt werden konnte. Damit werden auch Ansatzpunkte gesehen, im Vergleich zur herkömmlichen Maischeerhitzung Energiekosten einzusparen. Im Weißweinbereich sind Vorteile gegeben sowohl bei der besseren Extraktion der sortenspezifischen Aromen und Aromavorstufen als auch der Vermeidung der Untypischen Alterungsnote (UTA). Bei entsprechend kritischem Lesegut haben Versuche mit zellporierter Maische gezeigt und 50 Prüfer bestätigt, dass infolge verbesserter Extraktion ein signifikanter Qualitätssprung gegenüber der Kontrollvariante gegeben ist.

 

Im Herbst 2003 sollen die Versuche im Praxismaßstab weitergeführt werden, so dass bis zum Frühjahr 2004 mit neuen Erkenntnissen bei dieser innovativen Technologie zu rechnen ist.

 

 

Anmerkung

 

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass über die ersten Tastversuche des Herbstes 2001 bereits auf der 41. Arbeitstagung des Forschungsrings des Deutschen Weinbaus (FDW) bei der DLG am 18.04.2002 in Geisenheim von Dr. Sigler berichtet worden und anlässlich der Hannover Messe 2003 ein redaktioneller Artikel über das Verfahren in „Der Deutsche Weinbau“ Nr. 04/2003 vom 28.2.2003, S. 10, erschienen ist.

 

Anlässlich des 7. Internationalen Symposiums zu Innovationen der Kellerwirtschaft im Mai 2004 soll das Verfahren erstmals einer breiteren Fachöffentlichkeit vorgestellt werden.