In situ Synchrotron
Verformungsexperimente an nanokristallinen Metallen
Patric A. Gruber
Karlsruher
Institut für Technologie KIT
Institut für
Angewandte Materialien Werkstoff- und Biomechanik IAM-WBM
Synchrotron-basierte
in situ Verformungsexperimente
wurden durchgeführt, um ein besseres
Verständnis über den Beitrag und das Auftreten der spezifischen
Verformungsmechanismen von nanokristallinen (nc) Materialien zu erzielen. Die
Durchführung von in situ Experimenten
ist notwendig, um (i) reversible Mechanismen untersuchen zu können und (ii) die
aktiven Mechanismen unterscheiden und bestimmten Dehnungsbereichen zuordnen zu
können. Das Potential dieser Methoden soll an zwei Materialsystemen erläutert
werden.
1.
Nanokristalline Pd-Schichten auf Polymersubstraten
Die Zugversuche
an 1 µm dicken, nanokristallinen Pd Schichten auf Polyimidsubstraten wurden in einem Temperaturbereich zwischen
173 und 353 K und mit Dehnraten von 2.9x10-4 bis 8.4x10-6
s-1 durchgeführt. Dabei wird sowohl der Spannungs-Dehnungs-Verlauf
in der Metallschicht als auch die Entwicklung der Peakform ausgewertet. Durch
den Vergleich der Schichtspannungen mit den Peakformparametern können mikro-
und makroplastische Verformungsanteile klar unterschieden werden.
Mikrosplastische Vorgänge liefern einen starken Anstieg in der Peakbreite und
-asymmetrie, welche, abhängig von der Temperatur und Dehnrate, zu großen Teilen
reversibel sind. Während der makroplastischen Verformung nimmt die Peakbreite
nicht mehr so stark zu und der irreversible Anteil nimmt zu, während die
Peakasymmetrie, die sich während der mikroplastischen Verformung aufgebaut hat,
wieder abnimmt.
Unter Zuhilfenahme einer weiterentwickelten Röntgenprofilanalyse
können mehrere mikrostrukturelle Parameter, wie z.B. die Größenverteilung der
kohärent streuenden Domänen (CSD), die Dichte und Anordnung von
Gitterversetzungen und die Dichte von zweidimensionalen Gitterdefekten quantitativ
ausgewertet werden. Die Ergebnisse zeigen, dass das Verformungsverhalten von
nanokristallinem Pd mit einer Korngröße im Bereich von 30 bis 50 nm immer noch
durch Versetzungsplastizität bestimmt ist. Trotzdem nimmt die Bedeutung und der
Anteil von korngrenzenbasierten Verformungsmechanismen deutlich zu.
2. Nanokristalline
Ni Massivproben
Nanokristalline Ni Massivproben mit einer
Korngröße von weniger als 30 nm wurden mit in
situ Druckversuchen untersucht. Dabei wurde ein schneller Flächendetektor in
Transmissionsgeometrie eingesetzt, um während der Verformung vollständige
Debye-Scherrer Ringe aufnehmen zu können. Im Vergleich zu den Pd-Schichten mit
etwas größerer Korngröße wurde ein nochmals verstärkter Beitrag der
Korngrenzenmechanismen festgestellt. Die Verformung des nanokristallinen Ni
erfolgt dabei als Sequenz von elastischer Korn-zu-Korn-Wechselwirkung,
Korngrenzengleiten, Kornrotation, Versetzungsplastizität und Kornwachstum. Die
Abfolge der verschiedenen Verformungsmechanismen führt zu einer in-plane
Textur, die durch die Verwendung des Flächendetektors erstmals nachgewiesen
werden konnte. Die spezifische Texturbildung und das gerichtete Kornwachstum
konnten auch durch Orientierungsabbildung im Transmissionselektronenmikroskop
bestätigt werden.